Die Ereignisse der letzten Wochen verändern auch den Charakter von Semiosis. Unsere Plattform wird zunehmend ein Sprachrohr für Stimmen, die zuvor geschwiegen haben. Wir bieten publizistischen Raum für Diskussionsbeiträge und weiterhin für kritische Recherche.
Heute erreicht uns ein Text, der sich mit dem Thema „Lisa Maria Kellermayr und die Politik“ beschäftigt. Die Autorin, die Twitter-Userin @leixsa, bittet darin politische Initiativen, die gerade aus nachvollziehbarer Enttäuschung über das Alleingelassen-Werden seitens der etablierten Politik entstehen, ihren Tod nicht zu missbrauchen.
Die (Twitter-Hausärztin vieler Herzen
Viele Nachrufe wurden bereits zu Dr. Lisa Maria Kellermayr verfasst und gesendet, die sehr berührten, und dies vollkommen zurecht! Es kann guten Gewissens behauptet werden, dass Dr. Lisa Maria die (Twitter-)Hausärztin vieler Herzen war.
Unvergessen ist die Veröffentlichung der Beobachtung, dass kranke Personen bei Verwendung eines bestimmten Asthmasprays besser durch die Erkrankung mit Covid-19 kommen.
Unvergessen ist auch ihre Empfehlung für den Kauf eines Pulsoxymeters, um die Notwendigkeit einer Hospitalisierung selbst besser einschätzen zu können, indem man seine Sauerstoffsättigung überwacht.
Auch ihr Beitrag mit wertvollen Tipps für die Symptomlinderung (Eiscreme! ) werden wir nicht vergessen.
Noch immer schicke ich diesen Beitrag als Screenshot an nicht twitternde Angehörige und Freunde. Manche haben mir gesagt, dass das Eis ihr Retter war während der Infektion. Denn es hilft nicht nur bei den Halsschmerzen, sondern hebt auch gleich die Stimmung.
Solidarität, Nächstenliebe und Verantwortung
Dr. Lisa Maria wird als herzliche, bodenständige und nahbare Ärztin in Erinnerung bleiben, die sich nicht nur aufopfernd um ihre Patientinnen und Patienten gekümmert und sich für Infektionsschutz eingesetzt hat, sondern die überdies eine klare, verständliche Sprache gesprochen hat, so dass man ihrer Argumentation folgen konnte. Wenn man es denn wollte.
Jeder kann erkennen, dass Solidarität, Nächstenliebe und Verantwortung mehr als nur Worte für sie waren; sie hat diese Werte in bestem Beispiel als wertvolles Gesellschaftsmitglied vorgelebt.
Ihr Tod ist eine Tragödie und schmerzt sehr. Sie fehlt. Sie und ihr Wirken im Leben werden jedoch weit über ihren Tod hinaus reichen. Einerseits teile ich – und soweit mir bekannt ist auch einige andere – ihre Tipps zur Symptomlinderung weiterhin (denn Covid-19 ist anders, als uns Glauben gemacht werden möchte, nicht vorbei), andererseits aber entstehen gerade verschiedenste Initiativen mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Inspiriert und motiviert durch Dr. Lisa Maria. Dieser Beitrag möchte sich somit nicht in die Linie von Nachrufen einreihen, sondern enthält vielmehr einen Aufruf.
Ihr Tod war für viele ein Weckruf, aber …
Unbestritten ist, dass ihr Ableben und dessen vorhergehende Umstände einen Weckruf für viele darstellen. Alarmglocken, die schon viel zu lange laut geschrillt haben aber noch ignoriert werden konnten, sind nun nicht mehr überhörbar. Probleme in der Gesellschaft sind spätestens jetzt offenkundig und müssen dringend angegangen werden. Es ist daher gut und richtig und wichtig, dass sich entsprechende Initiativen und Gruppen bilden, die in diesem Sinne sich das Ziel setzen, etwas zum Besseren zu bewegen.
… er sollte nicht instrumentalisiert werden.
Es darf jedoch die nachvollziehbare Bitte geäußert werden, ihre Person und ihren Tod nicht für jegliche Änderungen und Initiativen zu instrumentalisieren. Dafür war und ist sie viel zu wertvoll. Dass sie Inspirationsquelle darstellt, ist legitim. Dass sie damit gewürdigt und deshalb erwähnt werden soll, ebenfalls und ehrt die Initiatorinnen und Initiatoren. Aber der Grat zwischen Würdigung und Instrumentalisierung ist ein schmaler und die Grenzen verlaufen fließend. Und eine Initiative sollte ihre Daseinsberechtigung durch Überzeugung mit ihren eigenen Inhalten und nicht durch das Ansprechen von Emotionen erwerben. Es ist daher ein Aufruf zu mehr Achtsamkeit und Reflexion, welchen Zwecken ihre Erwähnung nun tatsächlich dient. Das sind wir ihr schuldig, um ihr den Respekt entgegenzubringen, den sie sich in ihrem Leben und in ihrem Tod verdient hat.