Der Rechnungshof hat sich die Wahlkampfkostenabrechnung der Regierungspartei ÖVP von 2019 angeschaut. Ihr diesbezüglicher Bericht liest sich vernichtend. Wir möchten euch den Rechnungshof-Text nicht vorkauen, sondern dokumentieren hier die Einleitung. Am Ende findet ihr den Downloadlink zum gesamten Bericht, den wir außerordentlich lesenswert finden. Lest und staunt!
Auszug aus der Einleitung des Rechnungshofberichts
Die ÖVP erklärt im Rechenschaftsbericht 2019, die Wahlkampfosten-Obergrenze für die Nationalratswahl (7 Millionen Euro) eingehalten zu haben. Für den Rechnungshof ergibt sich dazu zusammengefasst folgendes Bild:
- Der Oberste Gerichtshof (OGH) hält in einer Entscheidung fest, dass er nicht widerspricht, wenn Gerichte die Behauptung zulassen, dass Wahlkampfosten nicht als solche verbucht worden seien.
- Dem Rechnungshof wurden von unbekannter dritter Seite Unterlagen zu den Wahlkampfosten übermittelt. Der Rechnungshof schätzt diese Unterlagen, die Inhalte und Zahlen aus der Buchhaltung der ÖVP enthalten, als authentisch ein. Die Dokumente lassen die Angaben, die Wahlkampfosten-Obergrenze wurde eingehalten, zweifelhaft erscheinen.
- Es ist mit der politischen Lebenswirklichkeit für den Rechnungshof schwer in Einklang zu bringen, dass für die Nationalratswahl deutlich weniger Wahlkampfosten ausgegeben worden sein sollen als für die EU-Wahl.
Die ÖVP konnte in ihren Stellungnahmen an den Rechnungshof die Bedenken nicht ausräumen. Die Unterlagen, die der Rechnungshof von dritter Seite erhielt, können wohl ein internes Dokument für eine Planung sein, so die ÖVP. Konkrete Fragen des Rechnungshofes zu diesen Unterlagen beantwortete die ÖVP aber teilweise nicht (etwa, warum bestimmte Kosten laut dieser Unterlagen nicht in die Kosten für den Wahlkampf eingerechnet wurden).
Der Rechnungshof sieht in der Zusammenschau genügend Anhaltspunkte für eine Mitteilung an den Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat (UPTS), dass ein Verstoß gegen das Parteiengesetz (Überschreitung der Wahlkampfosten-Obergrenze) vorliegt.
Der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat hat im Sommer 2021 allerdings erstmals Folgendes zu Zahlenangaben in einem Rechenschafsbericht entschieden (GZ 2021-0.394.557):
Wirtschaftsprüfer*in werden beauftragt
Selbst wenn der UPTS dem Rechnungshof zustimmt, dass er zutreffend konkrete Anhaltspunkte für unrichtige Zahlenangaben in einem Rechenschaftsbericht hat und selbst wenn der UPTS ebenfalls zustimmt, dass die Partei Zweifel nicht ausräumen konnte, muss der Rechnungshof dennoch vorher eine Wirtschaftsprüferin beziehungsweise einen Wirtschaftsprüfer beauftragen, der im Auftrag des Rechnungshofes diese Zahlenangaben der Partei prüft. Erst danach kann der Rechnungshof eine Mitteilung an den UPTS erstatten.
Der Rechnungshof setzt daher – der Entscheidung des UPTS vom 12. Juli 2021 folgend – erstmals eine Wirtschaftsprüferin beziehungsweise einen Wirtschaftsprüfer ein, die oder der den Auftrag erhält, die Angaben der ÖVP zu den Wahlkampfosten für die Nationalratswahl zu prüfen. Die ÖVP hat vollen Zugang und Einsicht in die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen und Belege zu gewähren.
Das Gesetz sieht vor, dass der Rechnungshof die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nunmehr um die Erstellung einer Liste mit infrage kommenden Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfern ersucht. Danach entscheidet der Rechnungshof durch Los, wer aus dieser Liste beauftragt wird.
Die Kosten für dieses Verfahren sind aus den Budgetmitteln des Rechnungshofes zu tragen.