Sie lassen sich nicht auseinander dividieren: Mehr als 100 Eltern, Schüler*innen, Wissenschaftler*innen, Ärzt*innen und Lehrer*innen fordern gemeinsam, dass das Bildungsministerium Distance Learning ermöglicht und an den Schulen nurmehr Betreuung anbietet. So wie in den Lockdowns zuvor. Wir dokumentieren den Brief, den wir als Redaktion ausdrücklich und per Unterschrift auch mitunterstützen.
Denn Sie stehen in der Verantwortung
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Schallenberg,
sehr geehrter Herr Bundesminister Faßmann,
sehr geehrter Herr Bundesminister Mückstein,
heute geht Österreich in den vierten Lockdown. Die Entwicklungen der letzten Wochen haben dieses harte Eingreifen notwendig gemacht. Uns allen ist das bewusst. Umso weniger können wir nachvollziehen, wieso die Schulen, in denen zurzeit das mit Abstand höchste Infektionsgeschehen vorherrscht, vom Lockdown ausgeschlossen werden. Daher richten wir – Schulsprecher*innen, Lehrer*innen, Eltern und Wissenschaftler*innen – uns in diesem offenen Brief an Sie. Denn Sie stehen in der Verantwortung und sind als Einzige in der Position, diese Notlage zu beenden.
Sie haben sich geweigert, auf Appelle zu hören
Bereits zu Schulbeginn war die Lage kritisch. Die Inzidenzen unter Schüler:innen waren vergleichsweise hoch, die Impfquote niedrig. Es wäre dringend notwendig gewesen, Schulen dennoch zu einem sicheren Ort zu machen, um in weiterer Folge erneutes Distance-Learning verhindern zu können. Das ist nicht passiert. Im Gegenteil: Von vornherein war klar, dass die von Ihnen gesetzten Maßnahmen nicht ausreichen würden. Sie haben sich geweigert, auf die Appelle von Schüler*innen, Wissenschaft und vielen mehr zu hören. Sie haben nicht aus der Vergangenheit gelernt und nahezu alle Fehler wiederholt.
120.000 Pflichtschüler*innen haben sich mit Covid angesteckt
Die Konsequenzen ihres Handelns sind erschreckend. Laut AGES haben sich in Österreich insgesamt rund 120.000 Pflichtschüler*innen mit Covid angesteckt. 52% dieser Infektionen haben seit Schulbeginn stattgefunden, allein letzte Woche haben sich im Schnitt zwei Schüler:innen pro Minute infiziert. Die Inzidenz bei 5-14-Jährigen beträgt, Stand 19.11, österreichweit 2123. Und auch auf den Intensivstationen liegen zunehmend Kinder und Jugendliche. Sie sprechen davon, dass Schulen „kontrollierte Räume“ seien. Die Zahlen beweisen das Gegenteil: Die Situation ist außer Kontrolle.
Die Entscheidung darüber, ob ein Kind weiter in die Schule geht, wird jetzt feig an Eltern und Schüler*innen abgeschoben
Ihr Konzept der offenen Schulen wird den Gegebenheiten nicht gerecht. Zunächst sorgte die unklare und sich widersprechende Ankündigung, die Schulen blieben offen, man solle aber nicht hingehen, für Verwirrung und Chaos. Hunderttausende Schüler*innen wussten nicht, ob sie am Montag in die Schule gehen sollen, dürfen oder müssen – Ein inakzeptabler Zustand in ohnehin turbulenten Zeiten. Dann wurde klar: Der Status Quo hat sich, wenn überhaupt, verschlechtert. Die Entscheidung darüber, ob ein Kind weiter in die Schule geht, wird jetzt feig an Eltern und Schüler*innen abgeschoben. Wer zu Hause bleibt, sammelt nicht nur Fehlstunden, sondern verpasst auch Schulstoff und muss ihn selbstständig nach lernen. Gesundheitlicher Schutz also nur für die, die es sich schulisch leisten können. Demgegenüber sind alle, die in die Schule gehen, einer hohen Infektionsgefahr ausgesetzt und haben weiterhin täglich Kontakt mit dutzenden Menschen – mitten im Lockdown. Auch epidemiologisch ist die Wirkung des Lockdowns mit offenen Schulen mehr als fraglich. Die erforderliche Kontaktreduktion wird so nicht erreicht werden können.
Einschneidende Maßnahmen an Schulen sind alternativlos geworden
Daher fordern wir:
- Distance Learning an allen Österreichischen Schulen für 14 Tage zur Unterbrechung von Infektionsketten
- Betreuung an Schulen für alle Schüler:innen, die sie brauchen
- Sonderbetreuungszeiten für alle Eltern, um so viele Schüler:innen wie möglich zuhause behalten zu können
- Flächendeckenden Ausbau des PCR-Testangebots für Schüler:innen
- Drei wöchentliche PCR-Tests an allen Schulen inklusive Wertung von schwach positiven Tests bei Wiederaufnahme des Schulbetriebs
Sehr geehrter Herr Schallenberg, sehr geehrter Herr Faßmann, sehr geehrter Herr Mückstein, übernehmen Sie jetzt Verantwortung. Ergreifen Sie die notwendigen Schritte, damit der Rest des Schuljahres sicher in Präsenz stattfinden kann. Schützen Sie die, die sich selbst nicht schützen können. Sie stehen ihnen in der Pflicht.
Mit freundlichen Grüßen
Die Schüler*innen und Schulsprecher:innen
Mati Randow, Schulsprecher, GRG6 Rahlgasse, Wien
Mattea Gerdenitsch, Schülerin, ORG Theresianum Eisenstadt, Burgenland
Jens Egger, Schulsprecher, BORG Spittal, Kärnten
Johannes Hirsch, Schulsprecher, BRG Peraustraße, Kärnten
Magdalena Moser, Schulsprecherin, HTL Mössingerstraße, Kärnten
Ajila Ramic, Schulsprecher, HTL Villach, Kärnten
Philipp Schuhai, Schulsprecher, CHS Villach, Kärnten
Konstantin Seiler, Schulsprecher, BRG St. Martin, Kärnten
Thomas Holland, Schulsprecher BRG Bruck an der Leitha, Niederösterreich
Katharina Schöggl, stv. Schulsprecherin, BRG Gröhrmühlgasse, Niederösterreich
Noemi Wagner, Schülerin, BRG Maria Enzersdorf, Niederösterreich
Daniel Burgstaller, Schüler, BORG Ried im Innkreis, Oberösterreich
Daniel Salletmaier, Schulsprecher, HTL1 Bau und Design, Oberösterreich
Noah Schmid, Schüler, ORG Vöcklabruck, Oberösterreich
Felix Schmid, Schulsprecher, Musisches Gymnasium, Salzburg
Moritz Köppel, Schüler, BRG Kirchengasse, Steiermark
Matteo Iori, Schulsprecher, BRG In der Au, Tirol
Lea Meyer, Schulsprecherin, Dominikanerinnen Lienz, Tirol
Daniel Moosbrugger, Schüler, BWS Bezau, Vorarlberg
Elias Wehinger, stv, Schulsprecher, BHAK/BHAS Feldkirch, Vorarlberg
Esther Györi, AHS-Landesschüler:innenvertreterin, Wien
Raphael Grotrian, stv. Schulsprecher, BRG3 Boerhaavegasse, Wien
Ilina Apostolovski, PG3 Sacre Coeur, Wien
Katharina Eiselsberg, Schulsprecherin, GRG5 Rainergasse, Wien
Melissa Atria, Schulsprecherin, Musikgymnasium Neustiftgasse, Wien
Tracy-Cindy Agbogbe, GRG8 Albertgasse
Flora Gürth, stv. Schulsprecherin, GRG21 Ödenburger Straße, Wien
Die Wissenschaftler*innen und Ärzt*innen
Dr. Daniela Litzlbauer, HNO-Ärztin, Niederösterreich – Dr. Eva Potura, Fachärztin für Anästhesie und Intensivmedizin, Niederösterreich – Dr. Peter Haidenthaler, Allgemeinmediziner, Oberösterreich – Dr. David Noisternig, Anästhesist, Oberösterreich – Sophie Parragh, PhD, Wirtschaftswissenschaftlerin, Oberösterreich – Dr. Elke Schüßler, Wirtschaftswissenschaftlerin, Oberösterreich – Raphael Berger, Chemiker, Salzburg – Patrick Wimmer, MA, Soziologe, Salzburg – Dr. Katharina Zeppezauer-Wachauer, Digital Humanist, Salzburg – Martin Alge, Anästhesiepfleger, Vorarlberg – Elisabeth Glitzner-Zeis, PhD, Molekularbiologin, Wien – Ingomar Gutmann, Physiker, Wien – Dr. Wolfgang Hagen, Internist, Wien – Dr. Sebastian Reinfeldt, Politikwissenschaftler, Wien – Ing. Michaela Stainer, Chemikerin, Wien – MMag.a Natascha Strobl, Politikwissenschaftlerin, Wien – Christine Syrowatka, PhD, Evolutionsbiologin, Wien – Mag. Felix Welzenbach, Meteorologe, Wien – Dr. Barbara Zeitlinger, HNO-Ärztin, Wien
Die Lehrer*innen und Direktor*innen
Isabelle Bauer (APS), Niederösterreich – Susanne Gratzer (BHS), NÖ – Philip Markanovic-Riedl (AHS), NÖ – Richard Blach (APS), Oberösterreich – Renate Brunnbauer (APS), OÖ- Josef Fuchsbauer (BMHS), OÖ – Elisabeth Hasiweder (BMHS), OÖ – Barbara Heigelmayer (BMHS), OÖ – Katharina Hollnbuchner (APS), OÖ – Franz Kaiser (APS), OÖ – Peter Novak (APS), OÖ – Wilfried Prammer (PH), OÖ – Michael Schmida (BMHS), OÖ – Anna Url-Prall (AHS), OÖ – Martin Wachauer (AHS) OÖ – Alexander Wagner (MS), OÖ – Thomas Wintersberger, Direktor (PTS), OÖ – Monika Basler (PTS), Salzburg – Enikö Schneidergruber (AHS), Sbg – Irina Maria Antesberger, Steiermark – Bettina Dauphin (MS), Stmk – Hannes Grünbichler (BMHS), Stmk – Veronika Hartinger (MS), Stmk – Ute Hulatsch-Pietsch (AHS), Stmk – Christine Ludwig (MS), Steiermark – Bernhard Pukl (PTS), Stmk – Karlheinz Rohrer (BHS), Stmk – Andrea Wohltran (MS), Stmk – Bernhard Wronski (BS), Stmk – Silvia Ganner (MS), Tirol – Gerhard Pušnik (AHS), Vorarlberg – Beate Sonnweber (BS), Vbg – Bernadette Anzengruber, Wien – Claudia Astner (APS), W – Iris Bauer (AHS), W – Anna Bergmann (AHS), W – Johanna Doppler (AHS), W – Aaron Gärtner, W – Ursula Göltl (AHS), W – Anita Groissmayer (AHS), W – Bernd Kniefacz (APS), W – Ute Kolb (APS), W – Veronika Kunnert (BMHS), W – Katrin Kirchberger (APS), W – Daniel Landau (AHS), W – Alexandra Leopoldseder (AHS), W – Vedrana Markanovic (AHS), W – Georg Merza (MS), W – Noemi Müller-Vana (AHS), W – Christoph Träumer (APS), W – Susanne Vrchoticky (AHS), W – Anja Weikertschläger (VS), W – Julian Wiederin (AHS), W – Bettina Schricker (AHS), W
Die Eltern
Julia Fröhlich, Niederösterreich – Nadine Fürst-Afra, NÖ – Eva Hottenroth, NÖ – Claudia Janecek, NÖ – Markus Madner, NÖ – Andrea Freilinger, Oberösterreich – Johannes Freilinger, Oberösterreich – Christoph Musik, OÖ – Helene Musik, OÖ – Heidemarie Eder, Salzburg – Caroline Giesinger, Vorarlberg – Thomas Binder, Wien – Alexander Bracher, W – Simone Feichtner, W – Hannes Fleischer, W – Jana Herwig, W – Silvana Heylik, W – Natascha Hochenegg, W – Dagmar Höpfel, W – Andres Imnitzer, W – Simone Krüger, W – Tanja Maier, W – Anabel Rasper, W – Andreas Scharf, W – Michael Strassnig, W Michael Syrowatka, W – Benedikt Völker, W – Barbara Weber, W – Nicola Werdenigg, W – Thomas Winter, W
Semiosis-Texte zum Thema
Delta Variante in Österreich: Die Daten legen nahe, dass die Fälle exponentiell anwachsen (1. Juli 2021, Berechnungen von Fabian Valka)
Schlafende Wächterschulen: Das Alarmsystem war ausgeschaltet
Michael Wagner: Ein Frühwarnsystem ist weder in den Schulen noch sonst wo politisch gewollt
Hat dabei allerdings jemand Überlegungen angestellt, wie viele Infektionen man gar nicht gefunden hätte bzw wieviele Ansteckungsketten man dadurch könnte, die sonst unter d Radar verschwunden wären? Mich erinnert das an die, in d ‚Familie angesteckt‘ Erklärungen, als ob d Ansteckung daheim v Himmel fiele. Als ob Ansteckungen nur innerhalb d Schule erfolgen. Es gibt viele Kinder, die daheim nicht getestet werden, d d Hilfe d LehrerInnen brauchen bei d Dateneingabe; viele deren Eltern in Jobs arbeiten, die trotz LDs weitergehen, und ev das Virus heimbringen. . Viele, die trotz LDs nicht nur daheim sitzen, aber bei distance learning keine Hilfe haben, ihre Geschwister betreuen müssen, die dadurch noch mehr benachteiligt sind. Wird das auch mitbedacht? Was ich nicht verstehe, warum man nicht überall dort, wo mögl, Homeoffice verordnet. Schulbeginn staffelt, wenn mehrere Schulen in unmittelbarer Nähe, mit zB einer Bus od Bimlinie erreichbar