2017 wollte der damalige Kanzler Kern (SPÖ) zeigen, wie cool und volksnah er ist. Als Pizzabote klingelte er an Wohnungstüren und ließ sich von den Bewohner*innen zum halbpolitischen Plausch einladen. Das Ganze wurde auf Video festgehalten und verbreitet. 2021 veröffentlicht die Stadt Wien ein Video, in dem Menschen aus der Donaustadt ihre Meinung zur geplanten Stadtstraße samt Lobautunnel kundtun. Sie sind alle dafür. Doch damals wie heute sind die normalen Menschen im Video in Wahrheit Funktionär*innen der SPÖ. Das ist nicht nur peinlich, sondern auch aufschlußreich. Die SPÖ lebt anscheinend in einer gescripteten Realität. Von Sebastian Reinfeldt
Es ziehen immer mehr Leute zu uns in die schöne grüne Donaustadt, weil es ein lebenswerter Bezirk ist.
meint Silvia in dem Video der Stadt Wien mit dem offiziellem Logo. Das Thema: Die umstrittene Stadtstraße von Aspern bis Hirschstetten, die zusammen mit dem Lobautunnel die Donaustadt und den neuen Stadtteil Seestadt autogerecht machen soll.
Im Video befürworten alle Personen die Stadtstraße. Wir hören und sehen nur eine Meinung: dafür. Die Argumente, die die Leute vorbringen, sind dabei keineswegs neu.
Jeder zweite bringt auch ein, zwei oder drei Autos mit. Und da muss man soweit realistisch sein, dass wir mit dem Straßenkonzept, das wir jetzt haben, nimmer auskommen.
Es sprechen: gecastete SPÖ-Funktionär*innen
Die Frau, die diese Sätze im Video aufsagt, heißt Silvia. Auf der Facebook-Seite der SPÖ-Donaustadt findet sich ein Foto mit ihr vom Weihnachtsempfang der Bezirksorganisation am 17. Dezember 2019.
Wenige Tage später taucht sie bei auch auf der Facebook-Seite der Partei bei einer Spendenaktion auf.
Thomas: Stadtstraße würde eine Entlastung für die Esslinger bringen
Der nächste Bürger, der seine Meinung im Video sagt, heißt Thomas. Er kommt wohl aus Essling und berichtet über verstopfte Straßen im Morgenverkehr. Die neue Stadtstraße würde hier Entlastung bringen, meint er. Im Hintergrund sehen und hören wir den Verkehrslärm in Aspern.
Auch Thomas gehört zur SPÖ-Donaustadt. Wie bei Silvia tut sein vollständiger Name nichts zur Sache. Denn es geht um etwas Grundsätzliches.
Gescriptete SPÖ-Realität auf einem Kanal der Stadt Wien
Nun kann die SPÖ ja für diese Stadtraße und den Lobautunnel sein. Ob das die Menschen in Aspern und in der Seestadt gut finden, entscheiden sie bei den nächsten Wahlen. Nur ist das offensichtlich kein Video der lokalen SPÖ, sondern ein offizieller Kanal der Stadt Wien mit Stadtlogo.
Mit diesem Video wird, finanziert von dem Geld aller Menschen (gleich ob sie die Stadtstraße befürworten oder ablehnen), nur eine Meinung dargestellt. Nicht zur Sprache kommt etwa die Tatsache, dass mehr Straßen auch mehr Verkehr auslösen.
Die PR-Abteilung der Stadt Wien scriptet sich ihre Realität zurecht und lässt sie als eine allgemeine Wahrheit aussehen. Sie tut das mit Sprecher*innen, die zumindest einen SPÖ-Hintergrund haben. Das ist ein demokratiepolitisches Problem, denn das Video wird mit dem Geld aller finanziert. Dann können sich alle erwarten, dass sie sich in den Statments auch wiederfinden. Hätte man das getan, was das Video nur suggeriert, nämlich normale Menschen aus Aspern gefragt, wäre so ein Querschnitt auch locker zusammen gekommen. Stattdessen müssen wir ein Propagandawerk anschauen, das wütend macht und abstößt, wenn die Hintergründe offenbar werden.
Zum Nachschauen: Das vollständige Video
Danke an die Twitteruserin @_barbara_laa und andere, die uns auf die Hintergründe des Videos aufmerksam gemacht haben.
Ludwig XXII.
(Warum wird das für zu kurz befunden?)
Ich sehe und höre und auf Falter.at immer nur die Meinung der dubiosen Gegner der Stadtstraße und des Lobautunnels. Spricht man als Hirschstettner mit Nachbarn und Freunden, hört man allerdings andere Töne! Man wäre froh, wenn endlich der Autoverkehr aus der Hirschstettner- und Quadenstraße und der „Schleichweg-Verkehr“ aus unseren Wohnsiedlungen abgeleitet würde! Dem „Hirschstetten retten“ Grüppchen ist es offenbar gelungen, idealistische junge Leute, die von weit herangekarrt werden, für ihre Zwecke einzuspannen und auch die veröffentlichte Meinung in Form des von mir sonst sehr geschätzten FALTER zu usurpieren – der FALTER gibt nahezu ausschließlich dieser „Initiative“ positiv Raum, andere fundierte Ansichten, wie die des Bürgermeisters, kommen gelinde gesagt nicht gut weg!
Ich sehe auch nichts Verwerfliches darin, wenn sich die Gemeinde Wien gegen die von diesen Leuten geplante Geldvernichtung wehrt und der SPÖ nahestehende BewohnerInnen in einem Video mit ihren Sorgen zu Wort kommen lässt. Seien Sie versichert, auch wenn ich als langjähriges und den Vorhaben der Wiener Stadtregierung nicht immer positiv gegenüberstehendes Mitglied der SPÖ hier meine Meinung äußere, es sind nicht nur einige „Rote“, die sich endlich die Stadtstraße und den Lobautunnel sehnlichst wünschen! Es ist eine gefühlte Mehrheit hier vor Ort!
Die dubiosen Gegner haben halt kapiert dass neue Straßen immer auch neuen Verkehr produzieren. Viel Spaß in der grünen Donaustadt mit mehr Lärm, Abgasen usw. Um weniger Geld könnten statt der Straße (und natürlich zwangsweise dem Lobautunnel) effiziente Straßenbahnen, schnelle Busse und Radwege die diesen Namen auch verdienen, gebaut werden. Das würde nämlich allen Menschen zugute kommen und nicht nur den Autobesitzern die immens viel Platz und Ressourcen verbrauchen. Ich hab Kinder, deswegen SPÖ nein danke! Und das Propaganda Video ist einfach nur peinlich…..
Wo bleibt die Entlastung wenn 60.000 Zuzügler (wahrscheinlich mehr)kommen werden ?wo bleibt eine Entlastung für das Lobau-Vorland ?