Trotzdem: Sie hat wirklich großes Glück, meint unsere Autorin Katharina Rohrauer. Sie ist alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, die in die Schule gehen. Plötzlich erhält sie den Anruf, dass sie nunmehr Kontaktperson K1 ist. Und sich wegen Covid absondern muss. Aber: Wie funktioniert das eigentlich?
Es gibt so Tage…. Da kommt ein Anruf und plötzlich steht Corona im Wohnzimmer. Ich bin Kontaktperson 1, in „behördlich angeordneter Absonderung“ . Und schwupps, schwenkt frau von „normal“ auf „KRISE“ …. und hat folgende Überlegungen….
*Hamstern hab ich offenbar im März nicht gelernt. Kühlschrank leer, weder Klopapier, Germ oder Bargeld im Haus.
*Auch kein Alkohol.
* Verdammt, was mach ich, wenn die Kinder jetzt nimma in die Schule dürfen. Ich bin noch immer von der letzten Distance Learning Periode traumatisiert und noch nicht im entferntesten dazu bereit, diese Erfahrung zu wiederholen. (die Kinder btw. mit Sicherheit auch nicht). * Ich muss in den Schulen anrufen. Oder lieber doch nicht, wir wollen ja keine schlafenden Hunde wecken. (Ich ruf doch an. Sicher is sicher.)
* Ich hab keine Schokolade hier.
* Juhuuu, die Kinder dürfen weiterhin in die Schule. Ich hab also untertags tatsächlich und richtig Zeit fürs Homeoffice, vielleicht wird es ja ganz „nett„.
*Aber, verdammt, wie kommen die denn da hin? Die 6 Jährige is nach vier Wochen noch meilenweit von selber Gehen entfernt. Bringen verboten. Gibts da einen Ablaufplan für sowas? (Gibt es nicht. Weder 1450 noch das Jugendamt haben jemals von AEs mit schulpflichtigen Kindern gehört. Sind aber sehr nett und verständnisvoll….)
* Ich hab gar nix Süßes hier.
* Nachbarn, Familie und Freunde hab ich die besten. Kooperativen Ex-Mann auch. Kinderbringung organisiert. Die Hoffnung auf entspanntes Home office steigt wieder.
* Oh verdammt, wie kommt denn die 6-Jährige heut von der Schule wieder nachhause, ich hab darüber noch nicht nachgedacht. (Dank der besten aller BFFs auch das kein Problem).
* Mein Kopf beginnt zu pochen. Ist das jetzt Covid oder ist es einfach nur eine „krisenbedingte Verspannung?“ . (Kopf pocht nimma, es scheint nur krisenbedingt zu sein.)
* Was mach ich eigentlich, wenn ich mich angesteckt hab? Gibts da Pläne für kranke AEs, die mit ihren Kindern eingesperrt werden? Was, wenn ich ins KH müsste?… (Ich hab da so eine Ahnung… eine böse Vorahnung….) Diese Gedanken verdränge ich lieber.
* Mein Leben ist so voller toller Menschen, die für mich einkaufen gehen wollen. Ich werd aber mal bestellen…. Trotzdem würd ich jetzt gern auf die alle anstoßen. Aber, verdammt, zu früh – und kein Alkohol.
* Oh weh, die Lieferung dauert. Ich werd mich heut mit „Kinder, heut spielen wir – Wir machen aus nix eine Mahlzeit“ rausreden müssen. Auch ok. Schadet uns eigentlich eh net. Wir machen das schon.
* Hui, alles organisiert. Kinder infomiert. Kind eins macht die Müllfrau für die nächsten zehn Tage und erweist sich als erstaulich infomiert. Brieft mich im Führen eines „Fiebertagebuches“ und in der Beobachtung meines Gesundheitszustandes. Nach meiner lapidaren „Es geht mir gut„-Antwort verdreht sie die Augen, seufzt auf und stopft mir das Fieberthermometer ins Ohr. Kind zwei hält sich (gsd.) nicht an die Abstandsregeln und drückt mich mit den Worten „Es wird alles gut. Solang wir Essen haben“ ganz fest. (ich bring es nicht übers Herz, ihr zu sagen, dass die Lieferung noch etwas dauert….)
* JUHHUUU, ich hab noch Osterschoki , das rettet uns.
* Plötzliche Stille und bange Augen: „Mama, müssen wir wieder von dir unterrichtet werden? “ „Nein. ihr geht in die Schule “ . Wir weinen Tränen der Erleichterung und liegen uns in den Armen.
* Es klopft an der Tür. Darf ich jetzt aufmachen – oder nicht? Ich schau mal durchs Guckloch. Keiner da. Also Tür auf. Stehen da drei Sackerl voller Essen. Keine Ahnung von wem. Vermutlich einem Engel oder einem Wunderwuzzi, einer Fee? OMG, was hab ich denn für ein Glück…. ❤
*Ich hab einfach wirklich großes Glück. Was wär, wenn ich jetzt jemand wär, der nicht die besten Freunde der Welt, eine wunderbare Familie, ausreichende Sprachkenntnisse, eine Quarantäne taugliche Wohnung und die finanziellen Möglichkeiten für einen Online-Essens- Großeinkauf hätte? Wenn ich eine mutteralleinerziehende Frau ohne soziales Umfeld wäre? Oder jemand, der halt einfach allein und einsam ist? Jemand, der arm ist? Jemand, der vielleicht nicht super gut Deutsch kann?
Dann, und das hab ich heut gelernt, dann wär ich, auf gut Wienerisch gesagt,
ziemlich am A….
Die Redaktion wünscht allen Beteiligten beste Gesundheit.