Mehrmals ruft der Prediger der Menge zu: Jesus ist der Retter von Österreich. Es ist der erste von drei Erweckungsgottesdiensten von Awakening Europe in der Wiener Stadthalle. Die Massen schreien nach Jesus. Währenddessen wird im Hintergrund eine Österreichfahne geschwenkt. Was ist das für eine Veranstaltung, bei der am dritten Tag Altkanzler Sebastian Kurz auftauchte und gesegnet wurde? Wir haben uns in der Welt der Evangelikalen umgesehen.
Nation für Nation
Wer in die Welt des Predigers Ben Fitzgerald eintauchen möchte, findet Videos und Selbstzeugnisse zuhauf. Fitzgerald ist ein Selfmade-Charismatiker und hat Altkanzler Kurz gesegnet, damit er Österreich weiterhin schützen möge. Prediger Ben ist nämlich davon überzeugt, dass die Erweckung zum Glauben bereits stattfindet. Wie Dominosteine würden die Menschen von der Welt der Sünde abfallen und sich Gott zuwenden. Nation für Nation.
Nach einer Begegnung mit Jesus im Jahr 2002 wurde er von seiner Drogensucht befreit. Seitdem ist er der Überzeugung, dass die Zukunft der Nationen von Europa durch radikal Glaubende verändert wird, die frei leben und Jesus mutig bekannt machen,
schreibt die erzkonservative kath.net über diesen Prediger. In den vergangenen Tagen erweckte er die Österreicher. Größtenteils junge Leute übrigens. Dabei sieht er sich als Teil einer Bewegung, die bereits vor sich geht. In einem Interview mit der Global Kingdom Mission meint er:
Ich bleibe weiter bei der Einfachheit des Evangeliums und helfe Menschen aus etwas heraus gerettet zu werden, wofür sie nie geschaffen wurden.
Was Gott tut
Die Events, bei denen der auftritt, werden sorgsam in Szene gesetzt. Das Team im Hintergrund arbeitet mit den Mitteln der Pop-Musik, um mit den Massen zu kommunizieren und sie zu anzusprechen. Dabei rechtfertigen die Prediger, so auch Ben Fitzgerald, ihr Tun immer dadurch, dass Gott durch sie wirken würde. Bei den Veranstaltungen tut Gott etwas. Sie seien nur seine Werkzeuge. Er versteht sich als ein Transmitter für die Massen. Erst durch ihn bekommen sie eine Gestalt, wenn sie ihm Glauben schenken. Das ist übrigens nach Max Weber exakt die Formel für charismatische Führung.
Es geht darum, die Masse zu bewegen
Die Erweckungsbewegung Awakening Europe sendet ihre Botschaften zudem auf eigenen Medienkanälen, Webseiten und sie hat sogar eine eigene Awakening-App. Da sie sich als überkonfessionell versteht, nutzen sie aber auch die Infrastruktur der organisierten Kirchen, so etwa bei Awakening Austria die der katholischen Kirche. Die Videos der Veranstaltung sind über den Kanal KathTube abzurufen. Den Predigten geht ein musikalischer Gottesdienst voraus, durch den die Massen in eine Art religiöser Trance versetzt werden. Zu den derart Verzückten sendet der Sprecher dann seine simplen Botschaften.
Das Gebet für Heilung und Wunder
An den drei Erweckungstagen in Wien spielt ein gewisser Chris Pöschl zu Beginn und am Ende der Sessions eine wichtige Rolle auf der Bühne. Der Pfarrer der Four Corners Christian Fellowship spielt Keyboard und bringt die Massen in Schwung. Nebenbei leitet er die Christlichen Heilungsräume in Wien. Dort werden, so erläutern sie auf ihrer Homepage, Krankheiten durch Gebete geheilt. Etwa so:
Ein Mann kam in die Heilungsräume um Gebet wegen einem Adenokarzinom zu empfangen. Der Krebs war unheilbar und nicht operabel. Als letzte Hoffnung ließ er für sich beten und bekam ein paar Tage später die Bestätigung vom Arzt, dass das Karzinom und die damit verbundenen Metastasen nicht mehr aufzufinden waren.
Der Erneuerer, der charismatische Führer
Sebastian Kurz meinte, dass er selber überrascht war, als er auf offener Bühne gesegnet wurde. Na ja, was Gott tut, das weiß man halt vorher nicht, würde der Prediger ihm sicher antworten. Aber die Art und Weise, wie die Massen erweckt werden, lässt sich durchaus mit der Kommunikationsmasche vergleichen, die Kurz und das PR-Team hinter ihm einsetzt. Er sei der Erneuerer Österreichs, der die Menschen aus der Sünde (aus dem verkrusteten politischen System) herausführen würde. Er bringe die Massen politisch in Bewegung. Ursprünglich war ja geplant, dass Kurz bei Awakening Europe als Bundeskanzler von Österreich auftritt.
Hier wie dort ist das allerdings nur eine Masche. Man geht mit einem guten Gefühl, das irgendwann mal schal schmeckt. Ansonsten bleibt eh alles beim Alten.