Wenn populistische Propagandakampagnen den Weg ins Parlament finden, kommt mitunter die Wahrheit ans Licht. Zum Beispiel im Fall des hetzerischen FPÖ-Videos zum angeblichen e-card Missbrauch von „Ali“, der es ebenso angeblich notwendig mache, Fotos auf die e-card zu drucken. Im Parlament ist das angekommen als Regierungsvorlage: „Anbringung eines Lichtbildes auf der e-card für jene Personen für die kein Lichtbild in einem Personenregister des BMI oder im Führerscheinregister des BMVIT vorhanden ist„.
Der behauptete große „Sozialbetrug“ hat sich in den letzen Wochen in Luft aufgelöst. Ganze 41.000 Euro beträgt der „Schaden“ durch von falschen Personen genutzte e-cards. Um nun das de facto nicht existierende Problem zu lösen, investiert die Regierung 32 Millionen Euro. Eine Recherche.
Fotos auf der e-card kosten mehr als 32 Millionen Euro
Zu jedem Gesetzesvorhaben wird eine so genannte „Wirkungsfolgenabschätzung“ erstellt. Darin berechnet die Regierung die finanziellen Auswirkungen von Gesetzen. Für das Foto auf der e-card ist laut Wirkungsfolgenabschätzung mit enormen Kosten zu rechnen: Es werden 175.00 Arbeitsstunden benötigt sowie rund 32 Millionen Euro bis 2023.
Woher das Foto nehmen?
Da die neue E-Card durch das Foto de facto zu einem offiziellen Dokument wird, kann es auch nicht mit einem Foto vom letzten Urlaub versehen werden. Von 600.000 Österreichern liegt offenbar kein Foto vor, von 900.000 Nicht-Österreichern ebenso. Diese rund 1,5 Millionen Menschen sollen nun durch ein Gesetz zur Abgabe eines Fotos verpflichtet werden. Und dafür treibt die Regierung einen enormen Aufwand.
Der Schaden durch angeblichen Missbrauch: 41.000 Euro
Eine von der Plattform FPÖfails veröffentlichte Stellungnahme des Dachverbands der Sozialversicherungen zu vermuteten Schäden durch den angeblichen Missbrauch von e-cards hat folgenden Zahlen ergeben:
NÖGKK (2012 – 2017): 5 Fälle, 3x Österreich, 1x Bosnien-Herzegowina, 1x unbekannt. Gesamtschaden: € 5.837,94
KGKK (2014 – 2017): 9 Fälle, 8x Österreich, Schaden: € 8.409,72; 1x Ghana (kein Schaden)
SGKK (2011 – 2018): 4 Fälle: 2x Österreich, 1x Rumänien, 1x Türkei, Gesamtschaden: € 1.350,-
SVB (2012): 1 Fall: 1x Österreich, Schaden: € 1.500,-
WGKK – 79 Fälle: Gesamtschaden: € 8.462,- Euro
TGKK: (2014 – 2017): Zwei Fälle (ein Fall eingestellt, ein Fall gerichtsanhängig). Schaden: 15.905, 54
SVA (2014 – 2017): 3 Fälle, Nationalität unbekannt, Schaden. 171,30,-
BGKK – 0 Fälle
STGKK – 0 Fälle
VAEB – 0 Fälle
BVA – 0 Fälle
Das macht insgesamt ein Schaden von 41.636,50 Euro, weil Menschen, aus welchen Gründen auch immer, die e-cards von anderen verwendet haben. Um das in Zukunft zu verhindern, nimmt die Regierung nun 32 Millionen Steuergeld in die Hand. Und bindet die Arbeitsstunden von rund 100 MitarbeiterInnen.
Fotocredit: https://www.chipkarte.at/cdscontent/?contentid=10007.782522
der schaden ist ziemlich sicher noch geringer, da noch nicht alle verfahren abgeschlossen sind. im allgemeinen wird ja der schaden von den jeweiligen personen eingefordert und zu einem teil auch bezahlt.
Wie kommt es, dass die Medien über Urteile und weit höhere Schäden (zb eine Frau in Vorarlberg alleine 50.000 Euro Schaden) berichten, als hier als Summe genannt wird?
Und woher kommt die Annahme, dass nur die (wenigen) angezeigten Fälle der ganze Betrug sind?
Wir beziehen uns hier auf Zahlen, die im Zuge der Antwort auf eine parlamentarischen Anfrage erhoben worden sind. Diese sind in unseren Augen offiziell.
Dann wäre es aber seriös, diese Antwort auf eine parlamentarische Anfrage zu verlinken, nicht?
Entschuldigung dafür. Aber verwiesen haben wir im Text auf diesen Vorgängerartikel. Darin sind Anfragen und Antworten dargestellt und verlinkt: https://www.semiosis.at/2019/01/27/darf-eine-ministerin-die-unwahrheit-schreiben/
Eigentlich könnte man dieses Problem auch kostenlos lösen. Man müsste nur die Ärzte verpflichten, dass wenn sie ihr gegenüber nicht persönlich kennen, die e-card mit einem amtlichen Lichtbildausweis gegenchecken.
Oder was spricht dagegen, die Fotos der Reisepässe wiederzuverwenden? Auf der Jahreskarte der Wiener Linien gibt es ein Foto, auf der Vorteilscard der ÖBB gibt es ein Foto, jedes Hallenbad in Hintertupfing schafft es, auf die Saisonkarten Fotos zu platzieren, und für die Sozialversicherung soll das zu teuer sein? Wer soll denn das glauben?
Und so gering kann der Schaden auch nicht sein: In den Jahren 2009 und 2010 wurden 1000 Verdachtsfälle unter die Lupe genommen, bei 325 davon wurde eine missbräuchliche Verwendung der e-card festgestellt. Schaden –> 1,2 Millionen Euro.
https://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/634187/Betrug-mit-ECard_12-Millionen-Euro-Schaden
Der Betrug scheint von Teilen der Politik (SPÖ, Grüne, …) gewollt, da besondere Wählerschichten dranhängen. Anders macht dieser Eiertanz um ein paar poplige Fotos auch keinen Sinn.
Oder hier: https://www.krone.at/1750999
Ein „Einzelfall“, wo 50.000 Euro Schaden festgestellt wurde. Rechnet man dies auf 20 Fälle (Dunkelziffer) hoch, ist man schon bei einer Million Euro.
Und wer die Milchmädchenrechnung mit den 41.000 Euro über 8 (?) Jahre glaubt, dem scheint leider nicht mehr zu helfen.