Sind hochrangige FPÖ-Politiker doch Mitglieder der „Vereinigung der Freunde der Krim“?

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By Sebastian Reinfeldt

Wer bestimmt eigentlich die Außenpolitik Österreichs? Die Antworten auf diese Frage können natürlich vielfältig ausfallen. Eine mögliche wäre allerdings: Vladimir Putin. Denn der Regierungspartner FPÖ ist mit Putins Partei Einiges Russland vertraglich verbunden. Und stellt sich gerne für propagandistische Veranstaltungen auf der russisch besetzten Schwarzmeerinsel Krim zur Verfügung. Aktuelles Beispiel: Haben zwei hochrangige FPÖ Politiker im November 2017 – während in Wien schon über die ÖVP-FPÖ-Regierung verhandelt wurde – in Jalta die Internationale Vereinigung der Freunde der Krim mitgegründet? Herbert Kickl sagte noch im November aufgrund öffentlicher Kritik: Nein. Sie seien dort gewesen, aber nur privat und hätten sich nicht beteiligt. Unsere Recherchen ergeben: Doch! Von Sebastian Reinfeldt


Ja! Nein! Doch…

Es ist schon fast ein Ritual: Wenn seltsame, zumeist rechtsextreme Verbindungen der FPÖ aufgedeckt worden sind, werden diese zuerst von dieser abgestritten, dann relativiert und weiter das Medium und die recherchierenden Personen diffamiert. Diese Auseinandersetzungen binden nicht nur politische Energie. Es ist zudem fraglich, ob das permanente Aufdecken der FPÖ-Nähe zu Rechtsextremen eine gute politische Strategie ist. Erfolgreich ist sie jedenfalls bislang kaum gewesen. Wahrscheinlich lassen sich nur wenige Menschen durch Geschichten wie die Landbauer-Affäre davon abhalten, FPÖ zu wählen. Hinzu kommt, dass die konservative ÖVP wesentliche Elemente der FPÖ-Methoden übernommen hat – allerdings minus der NS-Konnotationen. Also stärkt die Kritik am rechtsextremen Hintergrund der FPÖ möglicherweise nur die ÖVP.

Warum die Krim-Liebe der FPÖ?

Im Falle der Russland- und Krim-Liebe der FPÖ handelt es sich aber nicht um eine nebensächliche Skurrilität, über die wir hinwegsehen könnten. Denn zum einen steht die bisherige Außenpolitik der Republik zur Disposition, da die Außenministerin ideologisch zur FPÖ gehört. Und zum anderen folgt die Nähe der FPÖ zu Putin einem nachvollziehbaren Muster. Verfolgt wird ein autoritärer Politikstil und ein ideologisches Konstrukt: Dafür steht der angeblich starke Mann Putin, der machtbewusst und mit harter Hand agieren würde. Ideologisch faszinierend wird dieser durch den Eurasismus, also durch die Vorstellung eines Europas unter russischer Führung, das einen Gegenpol zur USA bildet. Wobei, im Rahmen dieses Konzeptes, die USA als Sinnbild für den „verweichlichten“ Westen steht, dem sich die Eurasier enteggen stellen müssten. In den Worten eines der Verfechter dieses Konzeptes, Jurij Kofner:

Heute wird Europa, insbesondere Westeuropa, zerstört durch einen Schmelztiegel von afrikanischen und arabischen Einwanderern. Es entsteht eine Konsumgesellschaft und Gesellschaft der Schwulen und Lesben. Eine passive Masse von Konsumenten, die nur US-Waren und US-Kultur zu konsumieren fähig ist.

Jalta im November 2017: Gründung der Internationalen Vereinigung der Freunde der Krim

Also ist der Vertrag der FPÖ mit Putins Einiges Russland nicht irgendein Dokument. Er steht für eine politische Orientierung. Und: Aus dem Vertrag der FPÖ mit Putins Partei Einiges Russland ergeben sich für die FPÖ durchaus Verpflichtungen. So treten prominente FPÖ-Politiker immer wieder gegen die Russland-Sanktionen der Europäischen Union auf, die aufgrund der völkerrechtswidrigen Besetzung der Krim beschlossen worden sind. Von Zeit zu Zeit stehen zudem Besuche propagandistischer Veranstaltungen des Regimes auf der Krim auf dem Programm.

Zuletzt, im November 2017, fuhr der damalige FPÖ-Bundesrat (und jetziger FPÖ-Nationalratsabgeordneter) Hans-Jörg Jenewein und der Linzer Vizebürgermeister Detlef Wimmer auf die politisch umstrittene Schwarzmeerhalbinsel. Es war eine politische Reise. Sie hätten dort, so berichtete die russische Nachrichtenagentur TASS, darüber beraten, wie sich die Krim “im modernen internationalen Kontext” orientieren könne. Die FPÖ-Politiker wurden bereits als Vertreter einer künftigen Regierungspartei angekündigt. Konkret wurde im November 2017 dort eine “Internationale Vereinigung der Freunde der Krim“ gegründet. Und genau an diesem Punkt begann dann das beliebte Ja!Nein!Doch!-Spiel der FPÖ.

Kickl: Privater Besuch, keine Mitgliedschaft im Verein (8.November 2017)

Der ORF zitiert den damaligen FPÖ-Generalsekretär und jetzigen Innenminsiter Herbert Kickl wie folgt:

Bei dem Besuch des künftigen FPÖ-Nationalratsabgeordneten Hans-Jörg Jenewein und des Linzer Vizebürgermeisters Detlef Wimmer (FPÖ) auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim habe es sich um keine offizielle Delegation gehandelt, gab FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl gestern bekannt. Die beiden Politiker hätten keine außenpolitischen Funktionen innerhalb der FPÖ.

Sie seien auch nicht Mitglied des Vereins der „Freunde der Krim“, stellte Kickl anderslautenden Medienberichten entgegen. Die mediale Aufregung nannte er einen „Sturm im Wasserglas“.

Es wäre eine private Reise, und es gebe keine Mitgliedschaft, so Kickl. Damit war das Thema wieder aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden. Was Genaues weiß man ja nicht. Und die Krim ist weit, weit weg.

Internationales ökonomisches Jalta-Forum: FPÖ-Politiker sind Mitglieder der Vereinigung der Freunde Krim

Dort, im fernen Jalta, sieht man es allerdings anders als Kickl behauptet hatte. Denn in einer Mitteilung des Internationalen Ökonomischen Jalta-Forums, einer weiteren Propagandaversammlung des Regimes, an dessen Zusammenkünften die FPÖ regelmäßig teilnimmt, werden die beiden österreichischen Politiker nämlich durchaus als Mitglieder dieser obskuren Vereinigung genannt. Sie schreiben:

The Association consists of politicians, public figures, businessmen and intellectuals. In particular, its members include: Thierry Mariani, member of the French National Assembly, former Minister of Transport; Hans-Jörg Jenewein, Member of the Austrian Federal Assembly; Hazwan Al Waz, Minister of Education of the Syrian Arab Republic; Aik Babukhanyan, Member of the National Assembly of the Republic of Armenia; Detlef Zimmer, Vice Mayor of Linz (Austria); Stefano Valdegamberi, Member of Veneto Regional Parliament (Italy); Matthew Gordon Banks, Director of International Centre for Strategic Research in Oxford, former MP (UK); Avigdor Eskin, public figure and political writer (Israel), Mitsuhiro Kimuro, leader of the Issuikai party, and many others.

Die Vereinigung besteht aus Politikern, öffentlichen Persönlichkeiten und Intellektuellen, heißt es in dem Text. Beide FPÖ-Politiker werden dann auch namentlich genannt. Sie stehen hier in einer Reihe etwa mit dem syrischen Erziehungsminister oder einem ehemaligen britischen Abgeordneten, der seinen Sitz wegen antisemitischer Äußerungen niederlegen musste (Matthew Gordon Banks). Namentlich werden die FPÖ-Politiker auf der Krim durchaus als Mitglieder geführt. In Österreich wird öffentlich das Gegenteil behauptet. Was stimmt nun? Wahrscheinlich ist, dass beide FPÖ-Politiker, so wie alle Anwesenden, durchaus diese Vereinigung der Freunde der Krim mitgegründet haben. Und somit hätte die Außenpolitik Österreichs ein Problem.

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