Für das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands bewegte sich die Zeitschrift Die Aula an der „Grenze zum Neonazismus„. Mitunter fanden sich in einer einzigen Ausgabe bereits Texte zu NS-Apologie, „Revisionismus“ und Antisemitismus. Herausgegeben wird das Magazin vom Aula-Verlag. Als Eigentümer fungierten die Freiheitlichen Akademikerverbände Steiermark, Wien – Niederösterreich – Burgenland, Oberösterreich, Kärnten, Salzburg. Der steierische FPÖ-Politiker und derzeitige Verteidigungsminister Mario Kunasek war dort Kommentator, Autor oder Interviewpartner. Wir stellen ein Beispiel dieses Umfelds vor, und zwar die Aula-Ausgabe von Mai 2015.
*2018 wurde Die Aula eingestellt. Die Netzwerke bestehen wahrscheinlich fort.
Abendland in Moslemhand?
Das Titelbild zieren Frauenaugen, die durch Gitterstäbe schauen. Der Rest ihres Kopfes erscheint verhüllt. Die rhetorische Titelfrage wird bereits im Untertitel beantwortet. Nämlich: „Islamisierung Europas als Gefahr für autochtone Völker“, steht dort. Dies bildet den Rahmen, in dem das Interview mit dem heutigen Verteidigungsministers Kunasek veröffentlicht wurde. Damals war er „Landesparteisekretär“ der FPÖ Steiermark. Im Editorial der Ausgabe bezeichnet „Schriftleiter“ Martin Pfeiffer, laut Dokumentationsarchiv auch kein Unbekannter in der rechtsrechten Szene, Flüchtlinge schlicht als „Zivilokkupanten“. Die Blattlinie ist aggressiv „flüchtlingsfeindlich“, um es vorsichtig auszudrücken. Kaum ein rassistisches Stereotyp wird ausgelassen.
Drei Textbeiträge aus Reihen der deutschen NPD
Im Blatt finden sich zwei Artikel des „nationalen Stadtrats von München“, so der Schriftleiter über den „Ausländerstopp“-Abgeordneten Karl Richter und ein Beitrag des damaligen NPD-Vorsitzenden Frank Franz. In Richters Artikel lehnt dieser die Bezeichnung „christlich-jüdisches“ Abendland ab. Jüdisch sei es nämlich keinesfalls, germanisch-heidnisch, romanisch, slawisch und auch christlich. „Jüdisch“-christlich sei das Ergebnis einer jüdischen Anmaßung. Er folgt dabei einer explizit antisemitischen Argumentation, der zufolge Jüdinnen und Juden die Strategie einer „Judaisierung der Welt“ verfolgen würden. Der NPD-Vorsitzende nimmt in seinem Beitrag zur Asylpolitik Stellung und fordert etwa, dass es keine „Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme“ (!) geben dürfe.
„Die FPÖ stark machen!
Mario Kunasek wird in derselben Ausgabe zur bevorstehenden Landtagswahl in der Steiermark befragt. Die Partei wende sich gegen die „pendlerfeindliche Umweltzone“ um Graz und sie mobilisiert gegen die Fusion von Gemeinden, berichtet er. Schwerpunkt des Gespräch mit Kunasek – und hier reiht er sich in die ausländerfeindliche Blattlinie des gesamten Heftes ein – ist indes die Wahlkampagne seiner Partei „Asylchaos stoppen!“ In Übereinstimmung mit den anderen Heft-Autoren zum Thema fordert Kunasek etwa, dass es „im Umkreis von Schulen, Kindergärten und Wohngebieten“ keine Asylquartiere geben solle.
Scharnier zur rechtsextremen Szene
Politisch kann man natürlich über die richtige Asylpolitik streiten. Im vorliegenden Fall ist das Gesamtbild aber erschütternd. In dieser Ausgabe der Aula findet Hetze auf scheinbar intellektuellem Niveau statt. Es scheint keine Grenze zu geben, und zwar weder zur NPD noch zu Antisemitismus und Rassismus. Mittendrin der heutige Verteidigungsminister.
Kunasek, Strache und das Abendessen mit Identitären
Und auch in seinem politischen Wirken hat er diese Scharnier-Funktion ausgeübt. 2016 nahm Kunasek – zusammen mit HC Strache übrigens – an einem Treffen mit Führungskadern der Identitären bei einem einschlägig bekannten Gastwirt in Spielfeld teil. Der Standard berichtet darüber wie folgt:
Strache wird im Las Legas mit acht weiteren Personen zu Abend essen. Einer davon ist der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Riemer, ein zweiter Identitären-Sprecher Patrick Lenart. Ebenfalls dabei ist ein zweites Mitglied der Identitären, das einen Monat zuvor einen Fotografen in Spielfeld attackiert haben soll. Das Zusammentreffen zeigt, dass das Spitzenpersonal der Freiheitlichen direkte Kontakte mit Rechtsextremisten hatte. PDV-Chef Kirschner und der steirische FPÖ-Chef Kunasek kennen einander seit Jahren, heißt es aus dem Umfeld der PDV. Auch zwischen Identitären und der FPÖ gibt es vor allem in der Steiermark Überschneidungen.
Dass das alles tatsächlich passiert ist, lässt sich an einem Foto erkennen, dass unter anderem das Magazin Vice veröffentlicht hat. Auch hier ist der Befund eindeutig: Die angebliche Grenze der FPÖ zu den Identitären und nach Rechtsaußen existiert nicht. Sie wurde auch vom jetztigen Regierungsmitglied Kunasek nicht gezogen.