Seitdem klar ist, dass die Regierung aus ÖVP und FPÖ (Schwarz-Blau Zwei) steht, findet sich in den gedruckten und gesendeten Nachrichten und Berichten kaum ein Wort aus der Opposition. Das betrifft sowohl den ORF als auch die meisten Printmedien. Wir wollen daher unkommentiert einige kritische Stellungnahmen zur Verfügung stellen. Es ist ein demokratiepolitisches Muss, auch eine Regierung, die von 60 Prozent der Wählerinnen und Wähler gewollt wurde, kritisch zu kommentieren.
SPÖ: Das Regierungsprogramm besteht nur aus Überschriften
Das vorgelegte Programm bestehe nur aus „Überschriften“ ohne Finanzierungsplan. Es sei zu „schwammig“, um es bewerten zu können. Es zeichnet sich aber eine „extreme ArbeitnehmerInnenfeindlichkeit“ ab und eine insgesamt „rückschrittliche Politik“. Das einzige Versprechen, das eingelöst wurde, sei, „dass die ÖVP die FPÖ in die Regierung geholt hat“, die dort nun für das gesamte Sicherheitsressort und die Geheimdienste zuständig ist. „Das empfinden nicht nur große Teile der Bevölkerung als unangenehmem. Wir tun das auch.“ Zur: APA-Aussendung der Partei
Radikale Linke: Alltagerfahrungen bestätigen scheinbar rechtsextreme Setzungen
Der Aufstieg des Rechtsextremismus ist nicht auf Österreich beschränkt. Europa- und weltweit lässt sich ein Aufstieg der extremen Rechten verzeichnen. Als Österreich-unspezifische Gründe für den Aufstieg der FPÖ lassen sich die systematische Produktion sozialer Ungleichheit im Kontext der warenproduzierenden Gesellschaft, Lohnarbeitszwang, system-inhärente Krisen, Leistungsdruck und das alle soziale Interaktion durchdringende Konkurrenzprinzip anführen. Ihre Folgen – Abstiegsängste, Vereinzelung, Verunsicherung und Ohnmacht, die Suche nach Orientierung, Welterklärung und „Identität“ – schaffen, wie vielfach festgestellt, rechtsextremen Angeboten großen Resonanzraum. Die Einrichtung der Gesellschaft generiert Alltagserfahrungen, die recht(sextrem)e Setzungen – wonach „der Stärkere“ sich durchsetzt, Schwache „verdientermaßen” auf der Strecke bleiben, Ungleichheit normal und das Leben ein ewiger Kampf sei – fortlaufend scheinbestätigen und
linken Beschwörungen von Gleichheit und Solidarität den Geruch des Naiven, Weltfernen und Widernatürlichen verleihen. Aus einem Positionspapier der Gruppe im Vorfeld der Demonstration. Download: Langaufruf_Plattform_Radikale_Linke.
NEOS fordern öffentliche Ministerhearings im Parlament
Das Programm selbst muss man sich erst im Detail ansehen. Die Überschriften, die bisher genannt wurden, lassen aber auf wenig progressive Ideen schließen, wenngleich es auch einige gute Vorschläge vor allem in Wirtschaftsfragen gibt, deren Umsetzung wir sehr genau verfolgen werden. Insgesamt fehlt vielfach die Verbindlichkeit, gerade auch hinsichtlich der Zeitschiene. Dass es keinen klaren Fahrplan zur Abschaffung der Kalten Progression gibt, grenzt fast schon an eine Verhöhnung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Um eine breite gesellschaftliche Diskussion des Programms zu ermöglichen, verlangt die Partei öffentliche Hearings der Minister im Parlament. Zur: APA-Aussendung.
Liste Pilz: Kritik an „rechtsrechtem“ Personal in der Regierung
In der neuen Regierung übernimmt mit Mario Kunasek als Verteidigungsminister ein – so die Medienberichte – rechtsrechter FPÖ-Politiker aus der Steiermark mit Kontakten zu den Idenditären ein Regierungsamt.
Mit Anneliese Kitzmüller rückt für Hofer ebenfalls eine rechtsrechte FPÖ-Politikerin an die Stelle des 3. Nationalratspräsidenten nach.
„Kurz ist hier Steigbügelhalter für Personen, die jedenfalls bislang durch eine extreme politische Haltung aufgefallen sind und nun in höchste Staatsämter aufrücken“ kritisiert Peter Kolba, Klubobmann der Liste Pilz. „Er wird dafür die Verantwortung übernehmen müssen, wenn diese Personen der Republik Schaden zufügen sollten.“ Zur APA-Aussendung.
Liste Pilz: Das Regierungsprogramm ist eine „Schande für Österreich.“
In einer Pressekonferenz im Vorfeld der Angelobung setzten sich drei Abgeordnete der Liste intensiv und kritisch mit dem Regierungsprogramm auseinander. Kritisiert wurde der Bereich Integration (Handyauslesen und das Abnehmen von Bargeld) sowie die scharfe Umverteilung von unten nach oben, die sich aus dem Regierungsprogramm ergibt. Link zum Video.
Grüne: Mit Kabinett Kurz droht stramme Law-and-order-Regierung
Aber nicht nur die Führungsriege dieser Regierung ist kritikwürdig. Auch was bisher über die Pläne von Schwarzblau bekannt geworden ist, ist alles andere als zukunftsorientiert. Gemeinsam mit der ÖVP führt die FPÖ die Studiengebühren, die sie zuletzt federführend mit abgeschafft hat, wieder ein. Der Uni-Zugang wird damit vielen jungen Menschen massiv erschwert. Auch im Schulbereich soll vieles, was erst vor kurzem auf Schiene gebracht wurde, wieder zurückgenommen werden. Auch bei Bürgerbeteiligung und Umweltschutz gibt es Rückschritte: Die Rechte von AnrainerInnen sollen bei Anlagengenehmigungen eingeschränkt werden. Werner Kogler kritisch zum Programm in einer APA-Aussendung.
AUGE/UG: Kritik an der 12-Stunden Regelung zum Arbeitstag
Die ‚neuen Gerechtigkeits-‘ und ‚Fairness‘-Parteien haben sich nun endgültig demaskiert. Spätestens jetzt sollten auch die Motive der künftigen Regierungsparteien für die ständigen Angriffe auf die Arbeiterkammer klar sein. Denn bei den massiven Verschlechterungen für ArbeitnehmerInnen will man keine lästige Arbeiterkammer, die dagegen Stellung bezieht und die Betroffene unterstützt. Link zur Homepage der alternativen GewerkschafterInnen.
Lukas Oberndorfer: Zum Begriff der Autoritären Wende
Der Kapitalismus selbst steht selbst in einem Spannungsverhältnis zur Demokratie. In einem ausführlichen Interview erläutert Lukas Oberndorfer den Zusammenhang zwischen der Bildung einer rechts-autoritären Regierung und den europaweiten „Vertiefungen des Neoliberalismus“. Link zum Audiomitschnitt (ab Minute ’58)
Frauenring: Schwarz-Blau auf Retro-Kurs
Die Würde des Menschen ist unantastbar – aber sicher nicht an das Geschlecht geknüpft. Seit Jahrzehnten kämpft die Frauenbewegung dagegen an, dass das Geschlecht über den Lebensentwurf von Menschen entscheidet – und ÖVP und FPÖ erklären dies nun vollmundig zum staatlichen Leitprinzip“, sagt Sonja Ablinger, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, in einem ersten Statement zum Regierungsprogramm.
Richard Schuberth: Wir sind wieder eine Familie in Österreich
Der ORF ist auf Linie. Hans Bürger berichtet sichtlich charmiert (wenn nicht gar frisch verliebt) aus einem in einen Wappen- und Flaggensaal umgewandelten Raum des Bundeskanzleramtes. Man wünscht sich jetzt schon eine Verlängerung des Honeymoons auf 10 Jahre. Die Normalisierung des rechtsradikal-neoliberalen Kurses ist vollzogen, jetzt geht es hinter dem pseudoobjektiven Schleier darum, alle Kräfte, die diesen Kurs aus liberalen, humanitären und soft-sozialdemokratischen Motiven kritisieren, medial zu marginalisieren, und alles was links davon ist, zu dämonisieren. Beim „Standard“ hat man bereits das Gefühl, dass die professionellsten Trolle der vergangenen 15 Jahre die Redaktionslinie vorgeben. Das Bewusstsein ist so imprägniert, dass notwendige Kritik nur noch als aufgeregtes und chronisch negatives Bellen wahrgenommen wird, welches die neue fesche Volksgemeinschaft seriöser Wie-du-und-ichs stört. (aus einem Facebook-Kommentar)
… to be continued