Was die Gusenbauer-Steinmetz Affäre mit dem SPÖ-Umfaller bei CETA zu tun haben könnte

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By Sebastian Reinfeldt

Es war der erste big #Fail von Christian Kern:  Im Herbst 2016 hatte seine Partei die Mitglieder über CETA abstimmen lassen. 88 Prozent (!) sprachen sich damals in der ersten bundesweiten Befragung der SPÖ gegen das transnationale Handelsabkommen der EU mit Kanada aus. Ein eindeutiger politischer Auftrag, sollte man meinen. Nicht für Christian Kern.

Ganze fünf Seiten lang war das Papier, das auf Bitten Österreichs an dem 1500 Seiten langen Vertragstext angehängt wurde. Grund genug, CETA zuzustimmen, meinte das SPÖ-Präsidium daraufhin. Warum diese Kursänderung? Die Gusenbauer-Steinmetz-Affäre wirft nun ein neues Licht auf die Zustimmung, die vom SPÖ-Präsidium am 14. Oktober 2016 beschlossen worden war. Hat Gusenbauer im Interesse der Firma, deren Direktor er ist, interveniert? Eine Recherche von Sebastian Reinfeldt. Sie führt zuerst ins rumänische Transsylvanien, also nach Siebenbürgen.


Goldrausch in Rumänien: Einen Berg sprengen, 2000 Menschen umsiedeln, die Umwelt vergiften

Benny Steinmetz – Milliardär und Geschäftspartner von SPÖ-Ex-Berater Tal Silberstein – ist einer der Hauptaktionäre [Formulierung geändert am 22.8.2017] des kanadischen Bergbaukonzerns Gabriel Ressources. Dieser ist in Rumänien aktiv. Im rumänischen Transilvania (dt.: Siebenbürgen) liegt im Westen der Ort Roșia Montană (dt: Goldbach). Dort projektierte der kanadische Bergbaukonzern den Abbau von Gold. 300 Tonnen des Edelmetalls werden in den Gesteinen vermutet, ferner 1600 Tonnen Silber.

Technisch sollte das so funktionieren: Das Gestein wird vollständig abgetragen, zermalen und dann mit hochgiftigem Zyanid ausgewaschen. Dieses isoliert das Edelmetall. Dafür hätte das Corna-Tal, einschließlich großer Teile von Roșia Montană, überschwemmt werden müssen. So bilden sich Becken, in denen die schwermetallvergiftete Schlacke abgeklärt werden kann. Die Schlacke würde das Grundwasser vergiften und für den Abbau über Tage müssten zudem große Teile des Gebiets aufgesprengt werden. Teile der Bevölkerung waren bereits in ein neues Viertel der Stadt Alba Iulia umgesiedelt worden. Kurzum: Ein Projekt, das mit Raubbaukapitalismus treffend beschrieben werden kann.

Projekt gestoppt: 4,4 Milliarden Dollar Schadensersatz gefordert

„Vergiftetes Gold“ – so betitelte die Zeit ihren Artikel über das Projekt. Der Widerstand gegen das vergiftete Gold war massiv und erfolgreich. Gerichte haben das Projekt gestoppt, und auch im Parlament findet sich keine Mehrheit dafür. Nur: Der kanadische Bergbaukonzern verlangt jetzt in einem internationalen Gerichtsverfahren 4,4, Milliarden Dollar Profit- und Schadenersatz (!). Es geht dabei um einen Fall von „Investor-State-Dispute-Settlement“ (ISDS). Das Verfahren könnte erfolgreich enden, denn die rumänische Holding hatte 1999 tatsächlich eine Förderlizenz für die Region überschrieben bekommen. Und die Politik in Rumänien hat sich erst unter dem Druck der breiten Widerstandsbewegung gegen das Projekt ausgesprochen. Korruptionsvorwürfe stehen im Raum. Sie sind allerdings nicht Gegenstand der aktuellen Ermittlungen gegen Steinmetz und Silberstein.

Gusenbauer mischt beim Raubbaukapitalismus mit

Formal gehört das Abbaugebiet der Roșia Montană Gold Corporation (RMGC), einer rumänischen Gesellschaft, an der die kanadischen Gabriel Resources mit rund 80 Prozent beteiligt ist. Den Rest besitzt eine rumänische Staatsholding, die auch die Förderlizenz erworben hatte. Einer der Direktoren von Gabriel Ressources ist der österreichische Altbundeskanzler und Sozialdemokrat Alfred Gusenbauer. Als solcher war er auch in das rumänische Goldabbauprojekt eingebunden. Auch für ein Projekt in Österreich war Gusenbauer mit Steinmetz verbandelt. Denn dieser war von 2013 – 2015 einer der wichtigsten Geldgeber des österreichischen Immobilien-Investors Rene Benko. Auch Benkos Signa-Holding wird seit Jahren von Gusenbauer beraten.

Warum ist die SPÖ am 14.10. 2016 bei CETA umgefallen?

Christian Kern hatte seine Beweggründe zur CETA-Zustimmung in einem langen Facebook-Post begründet. Er ist nämlich dabei von seiner kritischen Linie zu CETA abgerückt. Zentrale Aussage darin:

Große Teile CETAs werden nach dem 27. Oktober vorläufig in Kraft treten. Der wichtigste und wohl entscheidende Teil aber nicht: die im Vertrag festgelegten Investitionsgerichte. Dies war das zweite wesentliche Zugeständnis der EU-Kommission an die Kritiker. Ohne dieses Sondergericht werden bis zur finalen Ratifizierung im Parlament strittige Fälle aus dem Handelsabkommen ordentlichen österreichischen Gerichten zur Entscheidung vorgelegt.

Wie man am Beispiel des Goldabbau-Projektes in Siebenbürgen sieht, sind diese Gerichte im Rahmen von CETA gar nicht notwendig. Es gibt für die Firmen bereits andere, wirkungsvolle Instrumente, um bei negativen politischen Entscheidungen Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Die Entscheidung der SPÖ kam überraschend und widersprach den Ergebnissen der Mitgliederbefragung. Im Internet fragen nun BeobachterInnen, ob diese Kursänderung etwas mit der Lobbyarbeit von Kanzlerberater Gusenbauer zu tun hatte. Zwar gibt es keinen Beweis für eine Einflussnahme, doch räumen die Verflechtungen Gusenbauers mit Christian Kern diesen Verdacht auch nicht gerade aus.

„Purer Napalm“ hiefte Gusenbauer 2006 ins Amt

Bereits seit 2006 ist Gusenbauer mit Tal Silberstein – und in der Folge auch mit Steinmetz – geschäftlich verbunden. Damals organisierte Silberstein die Kampagne von Gusenbauer. Dabei wertete er nicht nur Umfragedaten aus. In den letzten acht Wochen vor dem Wahltermin war ein Team aus Israel vor Ort, das die Wahlkampflinie vorgegeben hat. Nicht wenige sagen, dass der damals in Österreich neue „schmutzige“ Kampagnenstil, Gusenbauer erst ins Kanzleramt gebracht hat. Lugi Schober, CEO der Werbeagentur, die damals die SPÖ betreute kündigte das (Dirty-) Campagning mit den Worten an: Das werde „purer Napalm“.

Im Gegenzug: Die Lobbyarbeit des Ex-Kanzlers

Nach seiner Amtszeit arbeitete der Ex-Kanzler für den Geschäftspartner seines früheren Beraters und Wahlkampfstrategen. Fest steht dabei, dass der rumänisch-kanadische Konzern ein wirtschaftliches Interesse daran hatte, dass CETA von der EU in Kraft gesetzt wird. Und das gilt dann auch für dessen Direktor Gusenbauer.

Hat Gusenbauer in den Tagen vor dem 14. Oktober das Gespräch mit dem österreichischen Bundeskanzler gesucht, um mit ihm die Zustimmung zu CETA zu besprechen? Für eine derartige Lobbyarbeit wird er schließlich von Steinmetz bezahlt. Schließlich hätte die Befragung der SPÖ-Mitglieder dazu führen können, dass CETA nicht umstandslos hätte in Kraft treten können, wenn sich die österreichische Regierung verweigert. Fest steht auch, dass Gusenbauer sich in diesen Tagen in Wien aufgehalten hat. Am 14. Oktober, just als das SPÖ-Präsidium die CETA-Zustimmung durchwinkte, fand nämlich eine wichtige Sitzung des Renner-Instituts statt. Mit dabei: Gusenbauer.

Die Neubesetzung des Renner-Instituts

Nachdem der langjährige Direktor des Renner-Instituts gestorben war, musste der Posten nachbesetzt werden. Favoritin dafür war anfangs Barbara Blaha, sie soll auch ursprünglich von Kern bevorzugt worden sein. Geworden ist es dann die damalige Kabinettschefin im Kernschen Kanzleramt, Maria Maltschnig. Sie war zwei Jahre zuvor zur ÖBB gekommen und arbeitete dort für Kern. Von dort nahm er sie mit ins Kanzleramt. Dass sie den SPÖ-Thinktank Renner-Institut leitet, war im Oktober 2016 sein ausdrücklicher Wunsch, berichtete der Standard

Nun wurde die Entscheidung für Maltschnig schon Tage vor der Präsidiumssitzung des Instituts bekannt. Was alles kein Problem sei, meinte … dessen Präsident Alfred Gusenbauer. Im Kurier wird er wie folgt zitiert:

Gusenbauer findet nichts dabei, dass schon vor der Kommissionssitzung klar ist, wer Direktor(in) wird. „Die Bewerbungsunterlagen sind ja seit langem da. Und bevor man sich formal zusammensetzt, kristallisiert sich heraus, wer am besten geeignet ist.“ Maltschnig sei das, befindet der Ex-Kanzler und -SPÖ-Chef gegenüber dem KURIER: „Jeder, der die Bewerbungsunterlagen gesehen hat, kann zu keiner anderen Auffassung kommen. Die Entscheidung für sie ist richtig.“

Verflochtene Interessen

Auch in diesem Fall, der sich zeitlich parallel zum Kernschen Kursschwenk abspielte, agieren Gusenbauer und Kern erkennbar in tune. Sie setzen gemeinsame Interessen durch, ohne Rücksicht auf demokratische Abstimmungen und Verfahren. So wie viele SPÖ-Mitglieder durch die Zustimmung Kerns zu CETA vor den Kopf gestoßen waren, so reagierten auch der Wiener Stadtrat Michael Ludwig und Christian Deutsch empört über – Christian Kern.  Dass Christian Kern zur selben Zeit mit Tal Silberstein auch den Wahlkampforganisator von Gusenbauer übernommen hatte, kann dann kaum mehr als Zufall durchgehen.


 

Danke an Martin Konecny für den Anstoß für diese Recherche und für die Beratung betreffend der Kräfteverhältnisse in der SPÖ.

3 Gedanken zu „Was die Gusenbauer-Steinmetz Affäre mit dem SPÖ-Umfaller bei CETA zu tun haben könnte“

  1. „Benny Steinmetz – Milliardär und Geschäftspartner von SPÖ-Ex-Berater Tal Silberstein – ist mehrheitlicher Eigentümer des kanadischen Bergbaukonzerns Gabriel Ressources.“

    Das erscheint nicht richtig recherchiert zu sein.

    http://www.gabrielresources.com/site/shareprice.aspx
    Shareholders
    As at December 31, 2016, based on regulatory reporting, Gabriel had the following significant shareholders:

    Shareholders %
    Electrum Global Holdings 15.7%
    BSG Capital 15.6%
    Newmont 13.2%
    Baupost Group 14.8%
    Paulson & Co 9.9%
    Free-float – holdings below 4% 30.8%

    https://saverosia.wordpress.com/2013/09/07/save-rosia-montana-who-is-behind-gabriel-resources/
    As at July 31, 2013, Gabriel had the following significant shareholders:

    Shareholders %
    Paulson & Co 16%
    Electrum Global Holdings 16%
    BSG Capital 16%
    Newmont 13%
    Baupost Group 13%
    Free-float 26%

    BSG Capital, und damit Steinmetz, ist nicht mehrheitlich Eigentümer.

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