Pilz könnte der österreichische Lafontaine werden

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By Christoph Ulbrich

Peter Pilz hat nach seiner Nicht-Nominierung für den Nationalrat letzten Sonntag den Rückzug in sein „drittes Leben“ angekündigt. Kurze Zeit später hat er aber eine Kandidatur unter nicht-grüner Flagge nicht ausgeschlossen. Seitdem fragt sich halb Österreich: Was macht Peter Pilz? Christoph Ulbrich macht mal seine Optionen auf. Und schlägt eine wirklich unkonventionelle vor. Die wäre jedenfalls die einzige, die Österreichs politische Landschaft nachhaltig verändern würde.


Die Optionen von Pilz

Pilz’s Ziel ist klar: Er will in den Nationalrat, um dort seine – zweifellos wertvolle – Arbeit als Parlamentarier fortzusetzen.

Die zwei einfachsten Varianten, das zu erreichen, hat Pilz bereits verworfen: Weder ein Vorzugstimmen-Wahlkampf auf der Grünen Liste noch eine Kandidatur für die SPÖ kommen für ihn in Frage. Daher läuft derzeit alles auf eine Liste Pilz hinaus.

Die Liste Pilz – einiges Potential aber…

Schafft Pilz mit einer eigenen Liste den Einzug in den Nationalrat? Die Antwort ist wohl: Vielleicht, vielleicht auch nicht. Das Team Stronach hat mit großem finanziellen Aufwand den Einzug geschafft. Irmgard Griss hat mit relativ wenig Mitteln und kleinem Team fast 20% der Wähler erreicht – allerdings ist die Bundespräsidentenwahl nur sehr bedingt mit einer Nationalratswahl vergleichbar.
Bei der letzten Wahl hatte Pilz 4000 Vorzugstimmen bekommen. Um die 4%-Hürde zu überspringen braucht es rund 200.000 Stimmen in ganz Österreich. Das ist schon ein gewaltiger Unterschied. Sicher: Pilz hat seine Fans und in gewissen Teilen der Wählerschaft Potential. Aber wie hoch ist dieses Potential in Tirol, in Kärnten oder in der Steiermark?

Hans Peter Martin und Fritz Dinkhauser: Erfolgreich – und trotzdem gescheitert

Hans Peter Martin und Fritz Dinkhauser, die ein ähnliches Profil wie Pilz hatten, sind zu ihrer Zeit klar gescheitert. Martin, der – so wie Pilz – das Image des Aufdeckers hatte, erreichte bei der Europawahl 2006 fast 15% der Stimmen. Zwei Jahre später scheiterte er bei der Nationalratswahl 2008 mit nur 2,8% deutlich am Einzug. Fritz Dinkhauser, der jahrelang – auch das ist eine Parallele zu Pilz – das Image des Querdenkers und Revoluzzers inne hatte, erreichte bei der Tiroler Landtagswahl 2008 über 18%. Nur wenige Monate später scheiterte die Liste Fritz mit 1,8% trotzdem ganz klar am Einzug in den Nationalrat.

Liste Pilz hat keine langfristige Perspektive

Der Einzug in den Nationalrat ist für eine etwaige Liste Pilz sicher kein Kinderspiel. Und selbst wenn Pilz den Einzug schaffen würde, bleibt seine Liste wohl eine Fußnote in der Österreichischen Politikgeschichte. Die Liste Martin gibt es heute nicht mehr. Bei der Liste Fritz Dinkhausers sind von den einst 7 Mandataren im Tiroler Landtag heute noch ganze 2 übrig. Das Liberale Forum konnte sich ganze zwei Legislaturperioden im Nationalrat halten. Mit den Neos könnte es schon nach der ersten Legislaturperiode wieder vorbei sein – und das obwohl sie eigentlich solide Oppositionspolitik machen.
Letztendlich kann sich eine Bewegung – das zeigen alle Beispiele – nicht langfristig halten, wenn die personelle – und ideologische – Basis fehlt.

Warum nicht KPÖplus ?

Es gibt eine andere Option, die eine längerfristige Perspektive bieten könnte. Die Jungen Grünen haben angekündigt, zusammen mit der KPÖ als KPÖplus in den Nationalratswahlkampf zu ziehen. Gleichzeitig arbeitet die Steirische KPÖ nach Jahren des Streits wieder mit der Bundespartei zusammen. An sich sind das gute Voraussetzungen. Die Jungen Grünen bringen viele junge AktivistInnen ein, die KPÖ hat überall in Österreich Strukturen, um bundesweit einen Wahlkampf zu bestreiten. Die steirische KPÖ wiederum hat ein klares politische Profil, das in Graz 20% der Wähler überzeugt. Mit Claudia Klimt-Weithaler bietet sie zudem eine in der Steiermark profiliert Spitzenkandidatin auf.

Pilz könnte der österreichische Oskar Lafontaine werden

Ein Blick nach Deutschland auf die Geschichte der Linkspartei zeigt, wie eine Zusammenarbeit funktionieren kann. Fuß gefasst hat die Bewegung links der SPD erst, als sich die „ostdeutsche“ PDS mit der „westdeutschen“ WASG zusammen geschlossen hat und Oskar Lafontaine (er war zuvor aus der SPD ausgetreten) zur Gallionsfigur der Linken (im Westen) wurde. Die PDS hatte die Strukturen und das Personal, Lafontaine die Glaubwürdigkeit des sozialen Rebellen und das Charisma. Heute hat sich Lafontaine längst zurückgezogen. Die Linke liegt in den Umfragen klar vor den Grünen. Daraus ist also ein nachhaltiges Projekt geworden.

Weder die Grünen noch Freda Meissner-Blau hätten alleine eine Chance gehabt

Es gibt aber auch ein Beispiel in der Österreichischen Geschichte. Nämlich ausgerechnet die Grünen selbst. Auch sie brauchten, um den Einzug in den Nationalrat zu schaffen, eine glaubwürdige Gallionsfigur: Freda Meissner-Blau. Als Peter Pilz 1986 ins Parlament einzog, geschah dies unter dem Namen: „Die Grüne Alternative – Liste Freda Meissner-Blau“

Wo liegen die Differenzen zwischen KPÖ+ und Pilz?

Peter Pilz will, das hat er immer wieder betont, eine Politik des „linken Populismus“, weg von Orchideen-Themen. Bei den Grünen stieß das auf wenig Anklang – und so hat sich Pilz von seiner Partei in den letzten Jahren entfremdet.
„Linker Populismus“, ist das nicht genau das, was die KPÖ seit Jahren ziemlich erfolgreich in Graz und in der Steiermark macht? Die auch „heikle“ Themen wie Umverteilung anspricht. Vom orthodoxen Kommunismus und erst recht vom Stalinismus hat sich diese KPÖ längst verabschiedet – das dokumentiert sich z.B. an der Unterstützung der greichischen SYRIZA (und nicht der orthodoxen KKE). Die KPÖ ist, so wie die Linkspartei in Deutschland, die mit Podeoms verbundene Izquierda Unida in Spanien  oder SYRIZA in Griechenland, Teil der „European Left“. Und letztlich liegen die politischen Wurzeln von Peter Pilz in der „Gruppe Revolutionäerer Marxisten“, die später auch mit der KPÖ zusammen gearbeitet hat.

Ein Nachdenken über eine Zusammenarbeit zwischen KPÖ, Jungen Grünen und Pilz könnte für alle Beteiligten jedenfalls lohnenswert sein.


Fotocredit: Von Dirk Vorderstraße – Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=17321134

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