Der Bundesvorstand der Jungen Grünen hat bekannt gegeben, dass die Jungen Grünen zur Nationalratswahl als KPÖplus kandidieren wollen. Am Samstag wiederum hatte die KPÖ bereits beschlossen, mit einer offenen Liste in die kommende Nationalratswahl gehen zu wollen. Der Name dieser Liste wurde heute von den Jungen Grünen bekannt gegeben. Arbeitsteilung also. Die wichtigste Information in diesem Zusammenhang scheint in der öffentlichen Debatte allerdings unter zu gehen: KPÖ-Bund und KPÖ-Steiermark ziehen in dieser Frage an einem Strang. Es wird eine wirkliche gemeinsame und erweiterte bundesweite Kandidatur geben. Ein Novum im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten. Diese historische Chance auf Einzug einer linken Alternative in den Nationalrat wirft aber auch viele Fragen auf. Einige von ihnen stellt Sebastian Reinfeldt.
Die Schwäche der einen ist noch nicht automatisch die Stärke der anderen
Auch in Österreich könnte das Parteiensystem im Zuge der kommenden Wahl ordentlich durcheinander gewirbelt werden. KPÖ plus Junge Grüne plus Menschen, die sich dem Projekt anschließen wollen – das könnte einen auch stimmenmäßig relevanten Protestpool ergeben. Allerdings ist die Schwäche der einen nicht automatisch die Stärke der anderen. Die Grünen haben es tatsächlich aus eigener Kraft geschafft, einen wichtigen politischen Erfolg – die Wahl ihres Ex-Bundesvorsitzenden van der Bellen zum Präsidenten – in wenigen Monaten zu verspielen. Die strukturellen Probleme der Partei, die hier am Blog schon mehrfach analysiert worden sind, wirken sich jetzt politisch aus. Auf fatale Weise.
Und die SPÖ unter Kern versucht wieder einmal, ihre WählerInnen mithilfe des Schreckensgespenstes Schwarz-blau zu mobilisieren. Da sie aber zugleich Rot-blau nicht ausschließen, erscheint diese Wahlkampflinie nicht besonders glaubwürdig zu sein. Das kostet der SPÖ aber nicht automatisch Stimmen. Dem Potential von 20 Prozent, das die Zeitschrift Profil einmal für eine linke Partei erfragen ließ, muss auch echte Alternativen geboten werden.
Wie viel politisches Gewicht haben die Jungen Grünen?
Da wären mal die Zahl der AktivistInnen zu hinterfragen. In seiner Pressekonferenz im Café Landtmann hat zwar der Bundesvorstand der Jungen Grünen die Entscheidung bekannt gegeben, als KPÖplus zur Nationalratswahl anzutreten. Allerdings erfolgte die Vorbereitung dieses Coups unter Ausschluss der Öffentlichkeit, was von der politischen Wirksamkeit her nachvollziehbar ist. Dadurch erfolgte die Entscheidung aber auch unter Ausschluss der eigenen Basis. Von dort waren sofort kritische Stellungnahmen zu vernehmen. Der Sprecher der Jungen Grünen Amstetten, David Rechberger, etwa meint:
Ich möchte für den Funktionärsalleingang, der passiert ist und heute sein Ende gefunden hat, nicht den Kopf hinhalten müssen.
Auch andere kritische Stimmen wurden laut. Denn die Entscheidung des Vorstands ist vor dem Bundeskongress im Juli gefallen. Neben der demokratiepolitischen Problematik der einsamen Entscheidung des Gremiums bleibt also realpolitisch abzuwarten, wie viele Personen den Weg von Flora Petrik mitgehen wollen. Die Jungen Grünen jedenfalls werden sich wohl de facto spalten. Nur ein Teil von ihnen wird den Weg zu KPÖplus finden. Wie viele es sein werden, das ist derzeit offen.
Spitzenkandidat(in)?
Um im Dreikampf Kurz, Kern, Strache überhaupt wahrgenommen zu werden, braucht es für KPÖplus eine Spitzenkandidat(in) mit bundesweiter Ausstrahlung und Medienpräsenz. Ob Flora Petrik das sein könnte – eher nicht. Auch andere Personen werden in diesem Zusammenhang genannt, so etwa Lisa Mittendrein, die bei Attac arbeitet. Jedenfalls ist das Gesicht der Wahlkampagne ein entscheidender Faktor. Ebenso wie das finanzielle Volumen dafür. Darüber ist natürlich noch nichts bekannt. KPÖplus wird aber auf viele Spendegelder angewiesen sein.
Politische Kooperation verlangt viel Geduld und Toleranz
Die Jungen Grünen sind gut organisiert, professionell und konflikthart. Das haben sie in der Grünen Partei deutlich unter Beweis gestellt. Nun auf „Aufbau“ und „Kooperation“ mit vielen unbekannten Personen im bunten Meinungsgemisch von KPÖplus umzuschalten, wird für sie nicht einfach werden. Die Notwendigkeiten eines Wahlkampfs decken viele Unterschiede zu, die im Erfolgsfall eines Einzugs Sprengkraft entwickeln könnten. Spaltung direkt nach Einzug wäre aber fatal.
Also sind im Wahlkampf und darüber hinaus Geduld, Toleranz und politisches Feingefühl nötig. Besonders im Umgang von, aber auch mit der wieder angenäherten KPÖ.
Wahlkampf: Nicht gegen, sondern für!
Die Herkunft von KPÖplus aus der grünen Partei verleitet dazu, einen Wahlkampf gegen die ehemalige Mutterpartei zu führen. Ein Anti-Grün-Wahlkampf wäre indes ebenso falsch wie ein reiner Anti-SPÖ-Wahlkampf. Denn sofort verzettelt sich die neue politische Kraft ins politische Hickhack. Und das wollen nur wenige lesen oder hören. Für das Wahlprogramm gibt es bereits erste Textvorschläge. Optimistisch stimmt, dass diese mit wenigen, klaren Forderungen auskommen. Und dieses Wahlprogramm im frühen Stadium beinhaltet auch Forderungen für etwas und nicht gegen die anderen. Auch hier bleibt abzuwarten, ob das finale Wahlprogramm am Ende diese Qualität hat. Für diese Forderungen im Erfolgsfall des Einzugs auch gesellschaftliche und parlamentarische Mehrheiten zu organisieren, muss dann der nächste Schritt sein.
All dies ist schwierig genug. Aber es ist lösbar.
Ich unterstreiche vor allem den letzten Absatz. Wir müssen unsere Stärken und unseren Gebrauchswert für die Menschen zeigen. Deshalb ist die österreichweite Mietrechtskampagne so wichtig. Damit kommt man in Kontakt mit den Leuten. Claudia Klimt- Weithaler, unsere Spitzenkandidatin in der Steiermark, hat deshalb in ihrer heutigen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass wir uns der Alltagsfragen vieler Menschen annehmen müssen.