Aufstand in Frankreich – Doch: gegen wen?

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Es sind also Macron und Le Pen geworden. Erwartungsgemäß. Noch bevor die Ergebnisse feststanden, brach in der europäischen Linken eine Diskussion aus: Jetzt müssen wir Macron unterstützen! Oder doch nicht? Denn mit Macron und Le Pen haben sich just die beiden KandidatInnen durchgesetzt, deren jeweilige Agenda von den „Aufständischen“ (La France insoumise) ausdrücklich abgelehnt wurde. La France insoumise ist die Bewegung, die Jean-Luc Mélenchon unterstützt hat. Und der hat im ersten Wahlgang immerhin über 19 Prozent erzielt. Eie Analyse über die Diskussionen in der französischen Linksbewegung von unserem Frankreich-Experten Sebastian Chwala.


Über 19 Prozent erreicht und doch enttäuscht

Die Widerstände der Bewegung haben sich ausdrücklich und immer gegen beide KandidatInnen gerichtet: Bei Le Pen kritisierten sie den nationalen Entwicklungsweg, der auf vollständige Abgrenzung zum Rest der Welt abzielt. Der angeblich linksliberale Kandidat Macron will ein Programm weitgehender Deregulierungen des französischen Wirtschafts- und Sozialsystes fahren. Damit würde die deutsche „alternativlose“ Austeritätspolitik fortgesetzt. Umso größer ist nun die Enttäuschung, dass in zwei Wochen nur noch die Wahl zwischen der „Faschistin“ und dem „Handlanger des Unternehmertums“ besteht – wie es überspitzt formuliert wurde.

Weiß wählen als Alternative?

Der Stachel sitzt so tief, dass die Vorstellung, einen weißen Stimmzettel in die Urne zu legen, als reale Möglichkeit erscheint – und das für nicht wenige AktivistInnen. Schon hört man das Schlagwort von der Republikanischen Front, die gegen die Bedrohung einer Rechtsaußen-Administration geschmiedet werden müsse. Bislang haben solche Sachzwänge (also den „Rechtspopulismus“ zu verhindern) dazu geführt, programmatische Unterschiede zwischen den PartnerInnen verblassen zu lassen. So erhielten die rechten Parteien freie Hand, jene Politik durch zu setzten, die der Nährboden für den Erfolg einer Partei wie dem FN ist: Vereinzelung der Individuen durch Massenarbeitslosigkeit, mangelnde Perspektiven für die Jugendlichen und Jüngeren, wachsende Ellenbogenmentalität, weil die gesellschaftliche Solidarität zerfällt.

Die „Start-up Ideologie“ Macrons und die Ressentiments Le Pens

Laut Emmanuel Macron müssen wir nur an unserer Selbstvermarktung arbeiten. Werde ein tüchtiger „Start up“ Unternehmer/eine tüchtige Unternehmerin. Dann kann es nicht lange dauern, bis die erste Million am Konto ist. Das ist sein hochideologisches Versprechen. Le Pen hingegen meint die moralische Empörung der Malocher auffangen zu können: Indem die „Faulpelze“ bestraft und indem wir uns gegen die Schwachen in der Gesellschaft wenden. Sie wiegelt also auf, während die Vermögen weiter steigen. Und während sich die vermögenden bürgerlichen Dynastien eifrig weiter reproduzieren. Dadurch können sie ihre gesellschaftlichen Machtpositionen weiter ausbauen. Zweifellos ergänzen sich diesbezüglich Le Pen und Macron.

Die Fünfte Republik ist gescheitert

La France Insoumise möchte keine Kompromisse mit dem gescheiterten politischen System der fünften Republik eingehen. Das wäre aber die Konsequenz, wenn sie zur Wahl von Macron aufruft. Dieses System baut auf hierarchischen inneren Strukturen auf und hat die demokratische Kontrolle der BürgerInnen de facto evakuiert. So erleichtert die bestehende Verfassung die Abgrenzung der „Spitze“ von der „Basis“. Die Sonderrolle des Präsidenten prägt sie ebenso wie der permanente Ausnahmezustand, in dem sich Frankreich immer noch befindet. Das bedeutet Sondervollmachten für die Regierung. Das Mehrheitswahlsystem sorgt überdies dafür, dass die „weißen Männer“ immer wieder gewählt werden, die sich eine entsprechende Hausmacht organisieren können und gut vernetzt sind.

Die Jugend will mit dem Status Quo brechen

Die Wahl am Sonntag hat aber gezeigt, dass gerade unter jungen Menschen ein Bedürfnis besteht, mit dem Status Quo zu brechen. Nicht umsonst war  Jean-Luc Mélenchon der am meisten gewählte Kandidat bei den 18-24-jährigen Menschen. Es sind neue Milieus entstanden, die für progressive linken Politik zu gewinnen sind: Prekariat, hohe Mieten, aber auch das Bedürfnis, sich nicht den von oben verordneten Zwängen zu unterwerfen, scheint wieder „en vogue“ zu sein. Die Diskussion, wie man sich in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl verhalten soll, ist daher noch nicht beendet.

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