Es geht nicht nur ums Geld, sondern um politische Gestaltungsmöglichkeiten und um ein enormes WählerInnenpotential. Letztlich also um direkten politischen Einfluss. Denn wo „grün“ draufsteht, machen Studierende gerne unbesehen ihr Kreuzchen. Im Grunde war der Konflikt zwischen den Jungen Grünen und ihrer (nunmehr Ex-) Mutterpartei ein Machtkampf zwischen zwei grünen Organisationen. In der Öffentlichkeit deutlich präsent waren dabei die Jungen Grünen. Gewonnen haben ihn die Grün & Alternativen Student_innen, kurz GRAS. Sie sind weiterhin die einzige Studierendenorganisation der Grünen. Die Jungen Grünen werden von der Partei nicht mehr als Jugendorganisation anerkannt.
Dabei ist der politische Schaden dieser Auseinandersetzung vermutlich größer als im Moment sichtbar wird, weit über die grüne Community hinaus. Wie stellt sich dieser ganze Konflikt eigentlich aus Sicht der GRAS dar? Die frisch gekürte bundesweite Spitzenkandidatin, Marita Gasteiger, war zu einem Gespräch mit dem Semiosisblog bereit. Darin geht es um die Arbeitsweise der GRAS, den ÖH-Wahlkampf, um ihr Verhältnis zu den Grünen, um Kritik an der Partei und um ihr Engagement gegen Rechts. Mit ihr hat Sebastian Reinfeldt gesprochen. Ist grün und alternativ ein Auslaufmodell?
Marita Gasteiger kandidiert 2017 für die GRAS zu den ÖH-Wahlen. Sie ist eine EU-Ausländerin. 1991 wurde sie in Italien geboren und ist dort aufgewachsen. Sie hat am Humanistischen Gymnasium in Bruneck maturiert und konnte als erste ihrer Familie auf eine Uni gehen 2010 kam sie nach Wien, um Slawistik zu studieren. Nach ihrem Bachelor in Slawistik studiert sie nun Interdisziplinäre Osteuropastudien an der Universität Wien.
Der Konflikt mit den Jungen Grünen bzw. den Jungen Grünen Studierenden scheint – von Außen betrachtet – nicht wirklich um politische Inhalte zu gehen. Worum geht es denn?
In dem Konflikt ging es in erster Linie um Zugang zu Ressourcen und Machtausbau von Einzelpersonen, nicht um inhaltliche Politik. Es ging darum die GRAS zu übernehmen – nicht sie zu reformieren. Die GRAS agiert im Konsens und basisdemokratisch und ja, das ist manchmal mühsam und langwierig. Dennoch betrachten wir Konsens als die reinste Form der Demokratie: Diskussionen werden zu Ende geführt und nicht durch erzwungene Abstimmungen abgebrochen. Diese Struktur verlangt ein ständiges Überdenken der eigenen Position und ein hartnäckiges Eintreten für eigene Anliegen.
Als GRAS kämpfen wir für das gute Leben für alle – an den Hochschulen und in der Gesellschaft – unsere politischen Inhalte stehen dabei im Vordergrund. Wir freuen uns auf einen starken Wahlkampf und kämpfen weiterhin für den freien und offenen Hochschulzugang, gegen Diskriminierung und für eine Existenzsicherung für Student_innen.
In meiner Wahrnehmung ist die GRAS nicht besonders parteinah. Mitgliedschaft in der Partei ist ja wohl nicht wichtig, oder?
Nein, Mitgliedschaft in der Partei spielt bei der GRAS keine Rolle. Wir sind die langjährige, erfahrene und kompetente grün-alternative Fraktion in der ÖH. Es ist Tatsache, dass wir von den Grünen finanziert werden – wir gehen damit auch ganz offen und transparent um. Wir pflegen ein kritisches Naheverhältnis zu den Grünen und wir lassen uns von ihnen nicht vorschreiben, wie wir inhaltlich arbeiten.
Warum bezieht ihr euch dennoch auf die Grünen in Österreich? Warum sind sie „eure Partei“?
Wir sehen uns als Teil der grün-alternativen Bewegung und werden von den Grünen finanziert. Damit sind wir immer sehr offen umgegangen.
Über die GRAS wird – analog zum VSSTÖ – gesagt, sie ist der erste Schritt auf die Karriereleiter der grünen Partei. Ist für dich eine Karriere bei den Grünen erstrebenswert?
Nachdem ich selbst in Österreich weder aktives noch passives Wahlrecht habe, stellt sich die Frage nicht.
Bei den Grünen haben seit geraumer Zeit immer dieselben Leute das Sagen. Die Partei wirkt ausgelaugt und nicht besonders kämpferisch. Fast so wie die Erfindung einer PR-Agentur. Findest du eine (personelle?) Erneuerung der Partei notwendig? Falls ja: Wie sollte die passieren?
Als GRAS fordern wir eine inhaltlich fundierte Kritik und üben diese auch, wo wir sie als notwendig erachten. Erneuerungsprozesse müssen in den dafür vorgesehenen Gremien erfolgen, die GRAS ist als befreundete Organisation der Grünen nicht Teil dieser Gremien. Ob sich Einzelpersonen in diesen Gremien und damit in der Partei einbringen, obliegt ihren individuellen Entscheidungen.
Primär sehen wir uns in der Rolle der kritischen und kompetenten Interessensvertretung, die wir auch seit Jahrzehnten stellen.
Wie legt ihr eure politische Arbeit an? Etwa das Verhältnis von der Arbeit in Gremien und Institutionen zur Arbeit in Initiativen und Bewegungen?
Wichtig ist für uns, dass diese Arbeit eng verschränkt abläuft – auch um Wissen weiterzugeben. Wir arbeiten basisdemokratisch und bemühen uns, Infos möglichst an alle zu kommunizieren. Auf der einen Seite leistet die GRAS sehr viel Arbeit innerhalb der ÖH, auf der anderen Seite betreiben wir auch viel politischen Aktivismus als politische Gruppe.
Wie läuft eigentlich eure interne Fortbildung? In Theoriezirkeln, die ihr selber organisiert? In der Grünen Bildungswerkstatt?
Da gibt es ganz unterschiedliche Konzepte, die in den verschiedenen Hochschulgruppen auch variieren. Manche Gruppen haben Lesekreise, manche haben engere Kooperationen mit der Grünen Bildungswerkstatt. In Wien organisieren wir zumindest einmal im Monat ein inhaltliches Plenum, bei dem wir Expert_innen zu verschiedenen Themen einladen. Zwei Mal im Jahr haben wir außerdem unser GRAS-Camp, das Winter-Camp und das Summer-Camp, wo wir inhaltliche Workshop organisieren.
Welche politischen Schwerpunkte legst du persönlich?
Für mich ist es wichtig, eine laute, kritische und politische ÖH zu haben, die als Sprachrohr für Student_innen und unabhängig vom Ministerium agiert. Das betrifft sehr viele Bereiche – nicht nur die Hochschul- und Wissenschaftspolitik.
Persönlich ist mir ein queerfeministischer Schwerpunkt wichtig: in der ÖH, in meinem politischen Alltag, in meinem eigenen Umfeld. Der antifeministische Backlash gibt mir zu denken – Polen, die USA, auch der Rechtsruck in Österreich, diese Entwicklungen haben geschlechterspezifische Auswirkungen – und die machen mir Sorgen.
Es sind Phänomene wie Hass im Netz in Form von Vergewaltigungsdrohungen, sexualisierte Gewalt und auch Übergriffe gegen LGBTIQ-Personen, die Teil des Alltags sind und denen wir bisher nur wenig entgegensetzen. Ich habe schon den Eindruck, dass sich etwas bewegt, dass Betroffene aufschreien, Grenz-überschreitung öffentlich machen und auch rechtlich dagegen vorgehen. Aber das sind Einzelpersonen, die finanzielle und zeitliche Ressourcen haben. Es fehlt ein Ernst-Nehmen von Sexismus – ob es jetzt in Form von Diskriminierung oder von sexualisierter Gewalt ist – in unserer Gesellschaft.
Ein besonderes Merkmal eurer Arbeit waren die Aktivitäten gegen Rechts, gegen Burschenschaften, aber auch gegen die antisemitischen BDS-Aktivitäten, die bei einigen Linken auch Sympathien genießen. Wie wirst du dieses Engagement fortsetzen?
Ja, selbstverständlich. Gerade Antisemitismus – und zwar jeder Antisemitismus – war immer Thema für die GRAS und wird es auch bleiben. Sei es in der ÖH, sei es als politische Gruppe: In Vorträgen und Diskussionen, auf Demonstrationen und Kundgebungen, in Gremien und Institutionen treten wir Sexismus, Rassismus, Klassismus und eben auch Antisemitismus entgegen.
übergriffe gegen „LGBTIQ-Personen“ sind „teil des alltags“?
da würden mich aber fakten dazu interessieren. eher handelt es sich dabei wohl wieder einmal um die typische spinnerei von realitätsfremden bobos die sich unbedingt künstlich ein feindbild starkreden, das es so eigentlich gar nicht mehr gibt…
der beste beleg dafür, wie „stark“ die „rechten“ an den unis sind, ist doch, dass die GRAS, die alles was mit uni zu tun hat geflissentlich ignoriert, und abseits der immergleichen „OMFG GEGEN RECHTS !!11!“ und themen die nur einen promille-anteil der studierenden wirklich tangieren nichts zu bieten hat, immer noch so „viele“ stimmen bekommt, weil sie halt als „links“ gilt.
nicht die pöhsen „rechten“ sind eine gefahr, weil die gibts glücklicherweise ja eh nur mehr sehr vereinzelt, sondern die pseudoalternativen pseudolinken deren „links“ sein sich im eintreten für die absurdesten minderheiten erschöpft, anstatt gesamtgesellschaftliches wohl zum ziel zu haben.
in wirklichkeit ist zB die gleichstellung von homosexuellen in halbwegs gebildeten kreisen doch eh schon lang kein thema mehr, weil sie glücklicherweise existiert. und ist deshalb ist dieses pseudoproblem auch als „schwerpunkt“ für hochschulpolitik schlicht und einfach absurd.