Im Oktober 2014 wurde der neue Direktor des Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) ernannt: Udo Janßen. Seine Amtszeit beim größten Arbeitgeber Wiens war von Skandalen und Intrigen geprägt. Dafür machten ihn die Boulevardmedien persönlich verantwortlich. Doch hatte der KAV und die Beschäftigten mindestens ebenso stark unter unklaren politischen Vorgaben – wie dem für Wien typischen Klientelismus und der Proporzpolitik – zu leiden. Dies ergab jedenfalls der Rohbericht des Rechnungshofs, der auch dem Semiosisblog zugespielt worden war. Aus und vorbei? Noch nicht. Denn spannend bleibt, wie der Vertrag des Direktors Janßen eigentlich genau formuliert ist. Und ob dieser zwischenzeitlich heimlich verändert wurde.
Jedenfalls passen die öffentliche Darstellung von Oktober 2014 und die Modalitäten der jetzigen Auflösung schlicht nicht zusammen. Ein Vergleich von Sebastian Reinfeldt.
2014: Spezialvertrag für Janßen mit Ausstiegsklausel
Ein finanzielles Schnäppchen war die Anstellung von Udo Janßen jedenfalls nie. 24.000 Euro brutto monatlich – das verdienen die Pflegerinnen und Pfleger der Spitäler in einem Jahr nicht. Sie arbeiten Schicht und sind körperlichen und seelischen Belastungen ausgesetzt, die mit der Verantwortung des Direktors wohl gut zu vergleichen sind. Um der Öffentlichkeit diesen gewaltigen Unterschied schmackhaft zu machen, wurde damals verkündet: Janßen habe einen Spezialvertrag und darin auf Ansprüche verzichtet.
Dieser beinhalte laut dem Krone-Journalisten, der damals Einblick in den Vertrag bekam: Eine Kündigungsmöglichkeit nach 2,5 Jahren und den Verzicht auf eine Abfertigung. Im Fußball wird so etwas eine „Ausstiegsklausel“ genannt. Und die lief mit Vertragsbeginn, also ab 1. November 2014.
2013-2014: Janßen bewohnt KAV-Sozialwohnung
Der Vergleich mit dem Pflegepersonal liegt nahe. Schließlich wohnten der KAV-Direktor und seine MitarbeiterInnen eine Zeit lang Tür an Tür. Vom Frühjahr 2013 (er war damals Stellvertreter) bis Sommer 2014 bewohnten Janßen und seine Familie zwei Sozialwohnungen im Schwesternwohnheim im 16 Wiener Bezirk. Der entsprechende Bericht der Presse wurde seitens der Stadt bestätigt. Allerdings habe der Direktor dabei den „ortsüblichen“ Preis entrichtet, wurde damals argumentiert. Verständlich, denn mit dem kärglichen Stellvertretergehalt war es in Wien urschwer, eine angemessene Unterkunft zu finden.
2017: Keine Rede mehr von „Spezialvertrag“
Im März 2017 wird dann der Vertrag aufgelöst. Innerhalb der Frist von 2,5 Jahren, die noch im November 2014 im Vertrag stand. Jedenfalls las dies der Journalist so. Ein Vertrauensverhältnis sei jetzt nicht mehr gegeben, argumentiert die nunmehr neue Zuständige, Sandra Frauenberger. Das ist das klassische Kündigungsargument, gezogen innerhalb der Frist von 2,5 Jahren. Aber Janßen wurde vom Dienst freigestellt – was bedeutet, er kann theoretisch mit 24.000 Euro monatlich bis 2019 in Wien spazieren gehen.
Von der damals verkündeten Ausstiegsklausel und dem Verzicht auf Abfindung von 2,5 Jahren ist plötzlich keine Rede mehr. Zum Abschied erhält er 395.000 Euro als Abschlag. Wofür? Der Kurier vermeldet dazu:
Hätte der scheidende KAV-Chef auf Gehaltsfortzahlung bzw. Vertragserfüllung bestanden, wäre der ihm zustehende Betrag mehr als doppelt so hoch gewesen, hieß es. Janßen hatte einen Vertrag bis 2019.
Wo ist die Ausstiegsklausel von 2,5 Jahren geblieben, die Krone-Journalisten 2014 im Vertrag ansehen durften? Welche Summe wäre “mehr als das Doppelte”, von dem der Kurier berichtet? Bei einer Vertragslaufzeit bis November 2019 ergeben sich 33 Gehälter für 792.000 Euro, das ist das Doppelte von 395.000 Euro. Es drängt sich die Vermutung auf, dass der Spezialvertrag irgendwann mal verändert worden ist. Und ein ganz spezieller Spezialvertrag wurde. Nur: Was war eigentlich die Leistung? Die Gangbetten gehören jedenfalls nicht dazu.