Die Dilemmas von Podemos (dt./engl.)

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„Spaniens Protestpartei Podemos droht Spaltung“, titelte Ende Dezember 2016 Der Standard. Im spanischen erzkonservativen Journal ABC wird eine Rebellion in der linkspopulistischen Partei vorhergesagt. Tatsächlich erlebt die Partei eine besonders interessante Zeit. Mit 71 Abgeordneten sind sie die drittstärkste Partei im spanischen Parlament, und sie waren bislang immer bei Wahlen erfolgreich – immer, bis auf die letzte eben, die entscheidende. Nach dieser ist der alte Regierungschef wieder der neue. In Podemos geht es nun um die richtige Strategie und darum, welche Personen sie am besten verkörpern. Pablo Torija analysiert die Situation und klärt Hintergründe auf.


In den Moncloa! Nein, doch nicht …

Podemos erlebt gerade eine besonders interessante Zeit. Nach dem großen Erfolg der Bewegung bei den Europawahlen musste Podemos Parteistrukturen aufbauen, um ihr Hauptziel zu erreichen: den Moncloa.
Zu diesem Zweck hat der zweite Mann bei Podemos, Iñigo Errejón, die “Wahlmaschine” vorgeschlagen: eine herzlose, hierarchische Struktur, die in kurzer Zeit voller lokaler und regionaler Wahlen das bestmögliche Resultat in den spanischen Parlamentswahlen erzielen sollte.
Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Und nun ist es an der Zeit, die Parteistruktur an eine längerfristige Perspektive anzupassen. Dafür wird eine große Generalversammlung zwischen dem 10. und 12. Februar 2016 abgehalten. Dort wird nicht nur die Organisationsform diskutiert, sondern auch die Kommunikationsstrategie und die Zusammenarbeit mit anderen Parteien. Hier ist das Verhältnis zum anderen Koalitionspartner, zur Izquierda Unida, besonders wichtig.

Zwei Männer streiten

Die Debatte im Vorfeld der Versammlung schadet der Organisation, da die beiden Hauptfiguren, Pablo Iglesias und Iñigo Errejón, das Niveau der Diskussion wiederholt senkten, da sie den eigentlichen Gegenstand vergessen und sich stattdessen gegenseitig attackiert haben. Kürzlich hat Pablo Iglesias einen Brief an alle Podemos-AktivistInnen geschrieben, in dem er zugibt, dass sie sich kindisch verhalten haben und zudem der Organisation und den Chancen auf Veränderung in Spanien geschadet haben.
Auf der letzten Podemos-Versammlung in Madrid konnten wir die wichtigsten Vorschläge von beiden Seiten zur Kenntnis nehmen. Iglesia ist für einen härteren Diskurs und dafür, einen größeren politischen Block mit anderen Parteien zu konstruieren, während Errejón einen weicheren Diskurs bevorzugt – auch möchte er ohne die Partnerin Izquierda Unida auskommen.

Ist Podemos eine Party-Partei?

Warum ist der Inhalt des Diskurses so bedeutsam? Meine Eltern repräsentieren eine Gruppe potentieller Podemos-WählerInnen. Sie sind links, gut informiert, Hausbesitzer und in Pension, über 65 Jahe alt. Obwohl sie für Podemos stimmen könnten, tun sie das nicht. Der Hauptgrund dafür ist, dass sie Pablo Iglesias und seine Art zu reden nicht ausstehen können. Daher wählen sie lieber andere Parteien mit Parteiprogrammen, mit denen sie nicht übereinstimmen. Bloß nicht Pablo Iglesias!
Iñigo Errejón ist sein genaues Gegenteil: ein kultivierter, zurückhaltender Politiker, der interessanterweise von der rechten Presse unterstützt wird, möglicherweise, um Podemos und Pablo Iglesias zu schaden.

In diesem Video kann man nachsehen, welchen Zugang die „Errejonians“ zu politischer Kommunikation haben.
Als ich es das erste Mal ansah, war ich gerade arbeitslos und ich muss gestehen, dass ich es gehasst habe. Zu dieser Zeit las ich Duzende von Stellenangeboten, schrieb Bewerbungsbriefe und hab meinen Lebenslauf an jede Position angepasst. Ich war ziemlich unglücklich und konnte mir Politik nicht als eine Party-Partei-Politik vorstellen. Also konnte ich mich definitiv nicht mir der Party-Partei im Video identifizieren – und ich kann mir gut vorstellen, dass es anderen in meiner Situation ähnlich erging.

Welche Zielgruppen mit welcher Strategie?

Daran ist das größte der Podemos-Dilemmas erkennbar: Wenn sie einen weicheren Zugang wählen, könnten sie Leute wie meine Eltern erreichen, aber sie würden diejenigen verlieren, die immer noch an der härtesten Krise der vergangenen 20 Jahre leiden.
Das Problem ist aber nicht nur, ob man mehr WählerInnenstimmen in der einen oder der anderen Gruppe erzielen kann. Das Problem wird auch sein, was passieren wird, wenn wir diejenigen zurück lassen, die gerade am meisten unter den Auswirkungen der Krise leiden. Wenn sie sich nicht von der populistischen Linken vertreten fühlen, dann werden sie sich sicherlich der populistischen Rechten zuwenden.

Vor einigen Tagen haben knapp 100.000 AktivistInnen über die Parteitagsregeln und das Abstimmungssystem abgestimmt. Der Vorschlag von Iglesias bekam 41,6 Prozent, der von Errejón 39,1 Prozent und damit nur 2000 Stimmen weniger. Der Ansatz der Anticapitalistas, der dritten Familie von Podemos, erhielt immerhin 10 Prozent. Wie wir sehen, wird diese Februar-Versammlung sehr spannend.

*Übersetzung: Sebastian Reinfeldt


Pablo Torija, The dilemmas of Podemos (English Version)

Podemos is living now a specially interesting moment. After the great success of Podemos in the European elections, Podemos had to create a party structure in order to accomplish its main aim: reach the Moncloa.

For doing so, Iñigo Errejón (second man in Podemos) proposed the “electoral machine” a hearth-less, hierarchical structure which could achieve in a short period of time, full of local and regional elections, the best result possible on the Spanish national election.

The aim was not achieved, and now it is time to change the party structure to adapt to a long-term perspective. For doing so, a large general assembly will take place between the 10th and the 12th of February. There there will not only be discussions on the organization, but also about communication strategies, work with other political parties (specially to the other main coalition member, Izquierda Unida).
The pre-dabate is harming the organization as the two main leaders, Pablo Iglesias and Iñigo Errejón have repeatedly lowered the debate level, forgetting about content and attacking each other. Lattelly Pablo Iglesias wrote to all members accepting that their behaviour was childist and that was hurting the organization and the chances of Change in Spain.

Two men fighting

Why the contain of the discourse matter? My parents, represent one of the potential voters of Podemos, leftist, well-informed, house-owners and retired. They are above 65. And even if they could vote for Podemos, they do not. Their main reason is that they cannot stand Pablo Iglesias and the way he talks. They prefer to vote other parties with manifestos which they do not agree in order not to vote for Pablo Iglesias.

Is Podemos a party-party?

Iñigo Errejón is the opposite: well-mannered, contained politician, which interestingly receives the support of all the right wing press,
probably as an attempt of harming Pablo Iglesias and Podemos.
In this video you can see the approach to communication by the Errejonians in the Spanish campaign:
By the time I watched the video I was unemployed and I have to admit that I hated the video. I was reading dozens of job offers, writing cover letters and adapting the CV for every position. I was relative unhappy and I did not consider that politics is a party*. Definitely, I did not felt identified with the party shown, and I can imagine that other in my situation did not like it either.

Which target-group with which strategy?

Here is one of the most important Podemos’ dilemma: By choosing a softer approach, it would be possible to reach people like my parents, but would let behind those are suffering still a the hardest crisis in the last 20 years.

The problem is not only if you can get more votes by focusing glicher in one group or in the other. The problem will also be what will happen if we let behind those who are suffering the most the effects of the crisis. If they do not feel represented by the populist left, they will surely turn to the populist right.

Few days ago 100.000 voted in the system that defines how the voting system. The proposal of Iglesias got (41,6%), the proposal of Errejón (39 %) and the proposal of Anticapitalistas the third family in Podemos 10%. As we see, the February Asembly is going to be extremely exciting.

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