Leopoldstadt: Rot-blau beschließt Abriss

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By Sebastian Reinfeldt

Der Ausdruck „Kuckucksei“ ist wohl leicht untertrieben für das, was Noch-Bezirksvorsteher Karlheinz Hora (SPÖ) seiner frisch gewählten Nachfolgerin Uschi Lichtenegger von den Grünen hinterlässt. Die von ihm mit angestrebte Erweiterung des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in der Wiener Leopoldstadt bedeutet, dass mindestens ein Haus in der Taborstraße 18 „entmietet“ und abgerissen werden muss. Davon erfuhren die BewohnerInnen dieses Hauses gestern zufällig durch einen Nebensatz in einem Standard-Artikel. Sogar die BezirksrätInnen der letzten Sitzung der alten Bezirksvertretung, die gestern tagte, bekamen die Infos erst kurz vor ihrer Entscheidung. Der SPÖ-Antrag, mit dem Planungsstadträtin Maria Vassilakou unter Druck gesetzt werden soll, war überfallsartig eingebracht worden. Er wurde schließlich mit der Mehrheit von SPÖ und FPÖ angenommen. Die Geschichte einer plötzlichen Gentrifizierung erzählt Sebastian Reinfeldt.


Ein Architekturjuwel ist nun Abrissobjekt

„Hilfe, mein Haus wird zum Abriss freigegeben!“ Durch einen Nebensatz eines Standard-Artikels erfuhren die rund 100 BewohnerInnen des Objektes in der Taborstraße 18/Schmelzgasse 2, was ihnen bevor steht. Das Haus ist tatsächlich ein Architetkturjuwel. Es wurde vom Architekten des Parlaments, Theophil Hansen, von 1847-1849 als Hotel National errichtet und steht heute in einer Schutzzone. Zudem bietet es rund 100 Menschen günstigen Wohnraum, die im Falle des Abrisses sicher aus dem zweiten Bezirk verdrängt werden würden.

Die Barmherzigen Brüder erweitern

Vor zehn Jahren haben die Barmherzigen Brüder das Objekt in der Taborstraße gekauft. Jetzt wollen sie das Krankenhaus um 20.000 Quadratmeter erweitern, weiters soll eine öffentliche Parkgarage entstehen. Daher wird vermutet, dass neben der Taborstraße 18 noch ein weiteres Haus von den Abrissplänen betroffen sein könnte. Gerüchte über die Erweiterung des Krankenhauses gibt es zwar schon länger. Aber die MieterInnen wurden auch auf Nachfrage niemals über konkrete Pläne informiert. „Vor einigen Monaten gab es eine Begehung aller Wohnungen, vor etwa einem halben Jahr wurden im Keller diverse Messungen und Arbeiten durchgeführt“, berichtet ein Bewohner.

Preisgünstige kleine und mittelgroße Wohnungen

Im Haus mit etwa 4000qm Wohnfläche werden 136 Türnummern gezählt, hinter denen sich preisgünstige Wohnungen befinden, von sehr klein bis mittelgroß, einige mit Klo und Dusche am Gang. Seitdem die Barmherzigen Brüder Eigentümer sind, wird das Haus systematisch verwahrlost, nur das Allernotwendigste wird repariert. Ein Vorgehen, das bereits aus der Hetzgasse 8 im dritten Bezirk bekannt ist. Die Situation der Verwahrlosung wird bewusst herbei geführt, weil nur so der Abriss eines Gebäudes in einer Schutzzone erfolgen kann.

Wie es nun in der Leopoldstadt weiter geht? Der scheidende Bezirksvorsteher Hora  (SPÖ) hat die rot-blaue Mehrheit im Bezirk zu einem kleinen Machtspielchen benutzt. Leidtragende sind die BewohnerInnen, und wohl auch die Barmherzigen Brüder. Die ließen nämlich gestern der Zeitung Die Presse wissen, dass sie kein Interesse daran haben, dass die Situation derart eskaliert.

 

 

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