Die Arbeitsbedingungen in den vom AMS organisierten Deutschkursen für Geflüchtete und MigrantInnen sind mitunter menschenunwürdig. Zuletzt berichtete wieder einmal die Wiener Zeitung unter anderem von Unterrichtszeiten von 9 Stunden pro Tag, damit die Unterrichtenden überhaupt auf einen akzeptablen Verdienst kommen können. Es ist aber nicht nur das Geld alleine, das nicht passt. Das Ausschreibungssystem der öffentlichen Hand löst einen ruinösen Wettbewerb aller gegen alle aus, das sämtliche Niveaus nach unten zwingt. Dieser Wettbewerb nach unten nutzt niemandem, meint Sebastian Reinfeldt in einem Kommentar. Also: Die Ausschreibungsbedingungen müssen schnellstens verändert werden.
Es reicht!
Unbestreitbar sind die Arbeitsbedingungen der Deutsch-Lehrenden schlecht. Und menschlich verständlich ist es, dass die Betroffenen irgendwann einmal sagen: „Es reicht.“ Offenbar ist dieser Zeitpunkt jetzt gekommen. Laut und deutlich zeigten auf einer Podiumsdiskussion mit allen Playern der Branche mehr als 100 Lehrende die Misstände auf. Sie sprechen von überlangen Arbeitszeiten mit bis zu 9 Stunden Unterricht pro Tag, keine bzw. zu wenig bezahlte Vor- und Nachbereitung, zu viele zusätzliche Aufgaben und schließlich eine Bezahlung im Rahmen des BABE-Kollektivvertrags, von der man im Grunde nicht leben kann. Insgesamt also werden prekäre und unsichere Arbeitsverhältnisse durch Gelder der öffentlichen Hand geschaffen.
Das übliche Ping-Pong: Verantwortung tragen immer die anderen!
Und wie reagieren die Verantwortlichen? Sie beginnen ein Ping-Pong Spiel. Das AMS und andere öffentliche Auftraggeber setzten die Bedingungen, argumentieren die GeschäftsführerInnen der privaten Institute. Nein, die Sozialpartner seien zuständig, meint wiederum das AMS und zielt so auf die Arbeitgeber und die Gewerkschaften. Schließlich meinen AMS und Bildungsarbeitgeber unisono, Finanzminster Schelling, Sozialminister Alois Stöger und Integrationsminister Sebastian Kurz trügen die Letztverantwortung. Also: An wen können sich die Betroffenen nun wenden?
Alle Genannten sind zuständig. Denn Deutschkurse – als wesentlicher Bestandteil der Integration von Geflüchteten und MigrantInnen – sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wenn es den politischen Willen dazu gibt, diese Kurse anzubieten, dann muss dieser Wille beinhalten, dass die Menschen, die die Integrationsarbeit verrichten, von dieser auch leben können. Denn das Deutsch-Unterrichten ist kein Hobby, sondern ein herausfordernder sozialer Beruf.
Das Geld von allen für gute Arbeit einsetzen!
Letztlich wird ja das Geld für die Deutschkurse von uns allen aufgewendet. Das ist gut so, und rechnet sich volkswirtschaftlich allemal. Allerdings ist kein öffentliches Interesse erkennbar, dass mit öffentlichen Geldern prekäre und unsichere Jobs geschaffen werden, im Gegenteil. Daher müssen die Ausschreibungstexte der öffentlichen Hand so gestaltet werden, dass in der Branche menschenwürdige Arbeitsbedingungen vorgeschrieben werden. Dass der Staat den Markt zu regeln hat, ist ja eine alte ordoliberale Einsicht. Und sie gilt bis heute. Dieses Regeln bedeutet unter dem derzeitigen Regime aber, dass ein ruinöser Dumpingwettbewerb nach unten angezettelt wird, der auf Kosten der Unterrichtenden und der Kursqualität geht. Nicht zuletzt die Lernenden haben aber ein Anrecht auf ordentliche Kurse, die ihnen tatsächlich weiterhelfen.
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