Im Januar 2016 haben über 2000 Intellektuelle aus der Türkei mit Unterstützung namhafter KollegInnen wie Judith Butler, Noam Chomsky und Etienne Balibar den Aufruf „Wir wollen nicht Teil dieses Verbrechens werden“ unterzeichnet. Seitdem werden die UnterzeichnerInnen von den türkischen Behörden in allen Bereichen ihres Lebens bedroht und als Personen verfolgt. Am 1. September wurden unter dem Deckmantel des Ausnahmezustands in der Türkei die Daumenschrauben noch ein Stück weiter gedreht – faktisch werden gerade massenhaft Existenzen in der Türkei vernichtet, um Kritik jeder Art zu unterdrücken. Nun wird ein internationaler Solidaritätsaufruf verbreitet. Die englische Version ist hier zum Download: 1_UrgentCallforSolidarity-AfP. Semiosis hat zudem eine deutsche Übersetzung des Aufrufs angefertigt.
Dringender Aufruf zur Solidarität
Mitglieder der „AkademikerInnen für Frieden“ und der Gewerkschaft für Bildung und Bildungswerktätige (Eğitim-SEN) sind auf Dauer aus ihren Positionen in der öffentlichen Höheren Bildung entfernt worden!
Im Januar 2016 haben 2218 Intellektuelle aus der Türkei die Petition mit dem Titel „Wir wollen nicht Teil dieses Verbrechens werden“ unterzeichnet, die auch als Friedenspetition bekannt wurde. Seitdem sind die Unterzeichnenden, die „AkademikerInnen für den Frieden“ zur Zielscheibe massiver Repressionen und Verfolgung geworden. Hunderte von ihnen haben disziplinarische und strafrechtliche Ermittlungen über sich ergehen lassen müssen, außerdem Gewahrsam, Verhaftungen oder gewalttätige Übergriffe. Einige AkademikerInnen wurden entlassen oder suspendiert, andere wurden dazu gezwungen, zurückzutreten oder das Land zu verlassen.
Vorwand: Beteiligung am Putsch – Verbindungen mit der Gülen-Bewegung
Am 15. Juli 2016 hat die Türkei einen gescheiterten Putschversuch erlebt – und die türkische Regierung macht dafür die religiöse Gruppe des in den USA ansässigen Geistlichen Fethullah Gülen verantwortlich. Nach dem Putschversuch haben sowohl die Regierung als auch die Universitätsverwaltungen damit weitergemacht, gegen die „AkademikerInnen für den Frieden“ vorzugehen, und das unter dem Vorwand, mit Gülen verbundene Personen aus dem öffentlichen Dienst entfernen zu wollen.
Die letzte Massen-Säuberung passierte in der Nacht auf Dienstag, den 1. September 2016 durch ein Dekret des Kabinetts im Rahmen des Ausnahmezustands. Mehr als 41 Unterzeichnende der Friedens-Petition wurden dabei als so genannte „Unterstützer des Terrorismus“ aus dem Öffentlichen Dienst entfernt, zusammen mit mehr als 40.000 Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes. Angemerkt sei, dass viele der Unterzeichnenden seit Monaten bereits das Ziel von Untersuchungen seitens der Verwaltungen waren – ohne dass es ein Ergebnis gab.
Grundlegende Menschenrechte haben in der Türkei keine Geltung
Die nächtliche Entlassung der Unterzeichnenden anhand eines „fait accompli“ aufgrund eines Ausnahmezustand-Dekrets ist eine ernste Verletzung ihrer grundlegenden Menschenrechte: Dem Recht auf ein faires und rechtsstaatliches Gerichtsverfahren. Da sie den Bedingungen des Ausnahmezustands unterworfen worden sind, haben die Betroffenen weder das Recht auf ein faires Verfahren noch können sie den Rest ihres Lebens im öffentlichen Sektor arbeiten; ihre Reisepässe werden ebenso eingezogen.
Die jüngsten Versuche, die „AkademikerInnen für den Frieden“ zu säubern, indem man sie mit Putschisten in Verbindung bringt, sind empörend und inakzeptabel. Die Regierung der Türkei nimmt den Ausnahmezustand zum Vorwand, um gegen alle kritischen Stimmen im Land hart durchzugreifen – einschließlich derjenigen, die gar keine Verbindung zur Organisation von Gülen oder zum Putschversuch haben.
Forderung: Rückkehr in die Positionen und ein Ende der Repression!
Wir verlangen dringend, dass unsere Kolleginnen und Kollegen in ihre Positionen zurück kehren können, und dass ihre Rechte als Beschäftigte wieder hergestellt werden. Bitte verbreitet unseren Aufruf in euren Netzwerken. Fragt eure KollegInnen, eure Universität und eure Berufsorganisation oder Gewerkschaft, dass sie ein Statement veröffentlichen, um die AkademikerInnen in der Türkei zu unterstützen. Und sendet dieses an die folgenden offiziellen Stellen in der Türkei:
Prime Minister Binali Yıldırım
Office of Prime Minister
Basbakanlik
06573 Ankara, Turkey
Administrative Aide, Ozel Kalem Mudurlugu Fax: ++90 312 403 62 82
Public Relations Department Fax: ++ 90 312 422 26 67
binali.yildirim@tbmm.gov.tr
Recep Tayyip Erdoğan
Türkiye Cumhuriyeti Cumhurbaşkanı (President of Turkey)
cumhurbaskanligi@tccb.gov.tr
İsmail Kahraman
Türkiye Büyük Millet Meclisi Başkanı (President of the Turkish National Grand Assembly)
ismail.Kahraman@tbmm.gov.tr
Bekir Bozdağ
Türkiye Cumhuriyeti Adalet Bakanı (Justice Minister of the Republic of Turkey)
Bekir.Bozdag@tbmm.gov.tr
info@adalet.gov.tr
Yekta Saraç
Türkiye Yüksek Öğretim Kurulu (YÖK) Başkanı (President of the Council of Higher Education)
cohe@yok.gov.tr
011 90 312 266 47 59
Serdar Kılıç
Turkish Ambassador to the United States
Fax: +1 202 612 67 44
embassy.washingtondc@mfa.gov.tr
İsmet Yılmaz
Milli Eğitim Bakanı (Minister of National Education)
Atatürk Bulvarı No: 98 06650 Bakanlıklar Ankara, Turkey
Fax: +90 312 4188289, +90 (312) 417 70 27
ismet.yilmaz@tbmm.o