Wer am Quellenplatz aus der Straßenbahnlinie 6 steigt, blickt Richtung Laxenburger Straße unweigerlich auf einen gelben Gemeindebau. Am Eck liegt ein gut besuchtes Espresso und davor steht ein Imbissstand, der das Favoritener Fastfood-Sortiment anbietet, vom Döner bis zur Wurst. Dahinter, an der Hausnummer 4 in dem leicht herunter gekommenen Gebäude, das 1985-1987 im Schnellbauverfahren errichtet wurde, residiert die starke Favoritener FPÖ. 2015 erzielte sie bei den Bezirksvertretungswahlen mehr als 38 Prozent der Stimmen. Dort ist auch der Kulturring Favoriten zu finden, ein Kulturverein der freiheitlichen Partei, der mit öffentlichen Geldern förmlich gesegnet ist – für wenig bis sehr wenig Leistung. Eine Recherche von Sebastian Reinfeldt.
Der Kulturring Favoriten ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn gerichtet ist. Kultureller Genuss soll keine Frage der Größe der Brieftasche des Einzelnen sein. Daher sind wir bemüht, alle kulturellen Angebote möglichst günstig bis kostenlos für die Teilnehmer zu gestalten.
So formuliert der FPÖ-Verein seine Zielsetzung im Netz. Im Vereinsregister wird er unter der Nummer 616210895 geführt, als Vereinssitz ist dieselbe Adresse wie die der FPÖ Favoriten angegeben, am Quellenplatz 4 also. Am Klingelbrett steht dort allerdings nichts. In seinem Vorstand sitzen ausschließlich FPÖ-Politiker aus dem 10. Wiener Gemeindebezirk. Seit September 2015 ist Michael Mrkvicka, FPÖ-Bezirksvorsteher-Stellvertreter in Favoriten auch der Obmann des Vereins. Für seine Aktivitäten hat der 2006 gegründete Verein aus dem Kulturbudget des Bezirks für das Jahr 2015 die stolze Summe von 27.500 Euro erhalten, so weist es das dezentrale Kulturbudget der Stadt Wien aus. Aber was haben die FPÖ-Politiker im Jahr 2015 mit dieser Förderung angefangen?
2016: Sechs Veranstaltungen für 27.500 Euro
Die Homepage gibt auf diese Frage gar keine Auskunft, weder zukünftige noch vergangene Termine werden aufgeführt, stattdessen bietet sie Fotos aus Favoriten zum Download an, die sämtlich ein FPÖ-Wasserzeichen tragen.
Auf der Facebook-Seite des Kulturrings sind für 2015 gerade mal sechs Veranstaltungen aufgeführt: Für den Jänner 2015 wird ein Plakat mit einer Einladung zum Kinderfasching präsentiert, im Dezember hat es eine Nikolofeier gegeben. Zwischendrin wurde noch der Stephansdom besucht (die Führung kostete übrigens acht Euro) sowie die kaiserliche Schatzkammer. Zusammen mit dem ebenfalls FPÖ-nahen Seniorenring hat der Kulturring überdies einen Senioren-Stammtisch abgehalten und für jeweils 50 Euro Eintritt haben im Februar 2015 rund 40 Personen (so die Facebook-Anmeldungen) im 35. Stock des Vienna Twin-Towers auf dem so genannten Favoritener Kornblumenball getanzt. Um solche Veranstaltungen zu organisieren und durchzuführen, sind die beantragten 27.500 Euro äußerst großzügig berechnet. Auch die direkte Nähe zu einer Partei, die sich dadurch in der Bezirksvertretung quasi selber sponsern kann, spricht eigentlich für den typischen Wiener Filz, den die FPÖ ansonsten bei der SPÖ immer anprangert. Tut sie in Favoriten nicht spiegelbildlich dasselbe?
„Da muss mehr kommen!“
In der Kulturkommission des Bezirks ist das Problem übrigens bekannt. „Da muss mehr kommen“, meinte etwa der Vorsitzende der Kulturkommission, Marcus Franz (SPÖ) auf Nachfrage. Er habe im Jahr 2015 mit dem vorherigen Vorsitzenden des Kulturrings auch ein persönliches Gespräch zu dem Thema geführt. Geschätzte 50 Prozent der beantragten Summe sei für Marketing, PR und den Aufbau der Webpräsenz vorgesehen gewesen, erinnert er sich. Bis heute (22.8.2016) weist die Homepage des Kulturrings allerdings immer noch den früheren Vorstand aus und sie macht auch ansonsten keinen aktuellen Eindruck; offenbar wurde sie zumindest seit September 2015 nicht wirklich aktualisiert. Veranstaltungsankündigungen? Termine? Fehlanzeige.
Der FPÖ Kultursprecher im Wiener Rathaus, Gerald Ebinger, weilt derzeit auf Urlaub. Einen Stellvertreter gebe es nicht, heißt es im Telefongespräch mit dem FPÖ-Rathausclub. Ans Handy geht der FPÖ-Politiker leider nicht, so dass wir ihn nicht konfrontieren konnten.
Im Bezirk werden die Förderungen für die Vereine übrigens nur bewilligt, wobei der Kulturausschuss rein rechtlich gesehen nur Vorschläge unterbreitet. Für die Kontrolle der Ausgaben der Kulturvereine ist der Bezirk nicht mehr zuständig. Die übernimmt die Magistratsabteilung 7.